SIMON MAYE & FILS, HUMAGNE ROUGE, SCHWEIZ

SIMON MAYE & FILS, HUMAGNE ROUGE, SCHWEIZ

Er ist noch längst nicht fertig, und doch glaubt man bei diesem Bild, schon jetzt die Intensität von Duft und Geschmack des Humagne Rouge zu spüren. Der Fotograf erschien an einem kühlen Morgen im kleinen Keller von Axel Maye in St-Pierre-des-Clages im Wallis. Die Fermentation im Bottich wollte nicht recht in Gang kommen. Kurzerhand half der Winzer mit zwei Tauchsiedern nach. Im Keller Dunkelheit. Aber draussen stieg die Sonne auf. Maye rollte den Bottich ans Licht. Der Glanz in den Bläschen stammt also nicht vom Blitz, er ist so natürlich wie der aussergewöhnliche Wein.  

 

CHÂTEAU RAYAS, RAYAS ROUGE, FRANKREICH

CHÂTEAU RAYAS, RAYAS ROUGE, FRANKREICH

«Dieser Hügel steht unter dem Schutz aller Naturgötter seit vorrömischen Zeiten», schrieb das Magazin «Gourmet» in einem Porträt von Jacques Reynaud, der bis zu seinem Tod 1997 über die trockenen, sandigen, steinigen zehn Hektaren in Château-Neuf-Du-Pape herrschte. Gelassen wie ein buddhistischer Mönch, voller Vertrauen in die Naturkräfte seines Grenache. Reynauds Neffe Emmanuel arbeitet in seinem Geiste weiter. Der anfangs unbändig gärende Rayas, der an das Satellitenbild eines Hurrikanwirbels erinnert, verkörpert gleichsam die wilde Seite des Weins. Während der Jahre im Fass wird er jene Souveränität gewinnen, die einen jeden Rayas-Trinker in die Magie der Rhônelandschaft entführt.  

 

DOMAINE JEAN-LOUIS CHAVE, HERMITAGE ROUGE, FRANKREICH

DOMAINE JEAN-LOUIS CHAVE, HERMITAGE ROUGE, FRANKREICH

 Dick und zäh wie Lava quillt die Maische im alten Bottich auf, droht überzufliessen. Auf der legendären Domaine Chave in Hermitage hat der vollreif gelesene Syrah spontan mit der Gärung begonnen. Bei Vater Gérard und Sohn Jean-Louis darf er sich austoben, manchmal bis zur Schmerzgrenze: Auch ohne die Hilfe moderner Kellertechnik haben sie die Situation jederzeit unter Kontrolle. Erfahrung und Gespür gelten ihnen mehr als Computerdaten. Tradition verpflichtet. Auf dem Gut im Nördlichen Rhônetal standen Vorfahren der Chaves schon vor 500 Jahren an der Kelter.

 

KNIPSER, SPÄTBURGUNDER KIRSCHGARTEN, DEUTSCHLAND

KNIPSER, SPÄTBURGUNDER KIRSCHGARTEN, DEUTSCHLAND

Eine angetrunkene Person, es ist aus Filmen bekannt, bringt man mit einem Wasserguss umgehend zur Besinnung. Wenn die Roten von Werner Knipser beim Vergären allzu hitzig über die Stränge schlagen, wirft der Winzer in der Pfalz eine Ladung Trockeneis in den Gärtank. Das wirkt sofort, ist spektakulär – man kennt’s vom Popbühnennebel – und folgt ehrenwerten Vorbildern. Eis, wenngleich noch nicht die Variante aus tiefgefrorenem Kohlendioxid, war lange Zeit bei französischen Spitzengütern in Gebrauch. Knipser legt bei seinen besten, mehrere Jahre lang reifenden Spätburgundern grossen Wert auf Extrakt, die Gärtemperatur darf darum kurzfristig auf 36 Grad Celsius steigen.  

 

BRUNO GIACOSA, BAROLO FALLETTO, ITALIEN

BRUNO GIACOSA, BAROLO FALLETTO, ITALIEN

Wer mit der Farbtonleiter der Barolos von Bruno Giacosa vertraut ist, wird bei dieser Momentaufnahme aus der wirblig-schäumenden Geburtsphase des Nebbiolo von der Edellage Falletto sogleich an das Orangerot denken, das im reifen Alter für viele grosse Weine des Meisters typisch ist. Eine Laune der Natur? Jedenfalls eine sympathische. Auch wenn der Traditionswahrer des Piemont seine Trauben längst im Stahltank fermentiert und die Maische- und Gärzeit auf rund zwei Wochen verkürzt hat, sind die Weine im Kern unverändert geblieben: Musterbeispiele für die Vereinigung von Wucht und Eleganz.  

 

CHÂTEAU MARGAUX, GRAND VIN DU CHÂTEAU MARGAUX, FRANKREICH

CHÂTEAU MARGAUX, GRAND VIN DU CHÂTEAU MARGAUX, FRANKREICH

Im säulengeschmückten Chai des schönsten Weinschlosses im Bordelais hat sich auf der Maische des Cabernet Sauvignon durch fleissige Arbeit der Hefepilze eine brodelnde Masse aus Beeren und Most gebildet. Most wird regelmässig vom Boden des Cuve nach oben gepumpt, um die Schicht aus Beerenschalen, Kernen und anderen Feststoffen aufzulösen, die sich zum Chapeau, dem Tresterhut, angesammelt hat. So bleiben sie ständig in Kontakt mit dem Most. Im Versailles des Médoc dauert er auch nach dem Ende der Gärung einige Tage lang an.  

 

HENSCHKE, HILL OF GRACE, AUSTRALIEN

HENSCHKE, HILL OF GRACE, AUSTRALIEN

Einem Perlenmeer gleicht der fermentierende Shiraz in der Winery von Prue und Stephen Henschke – die von Weinhefen erzeugten Kohlensäurebläschen treten in diesem Bild noch recht dezent in Erscheinung. Die alteingesessene Winzerfamilie in Barossa, Australien, führt ihren Betrieb nach biodynamischen Kriterien, bis hin zur Beachtung von Mondphasen für die Lese. Reinzuchthefen allerdings sind erlaubt, denn wegen des Klimas sind die natürlichen rar. Der Shiraz im Foto ist eines der besten und kostspieligsten Gewächse Australiens: Hill of Grace.

 

DOMAINE DE LA ROMANÉE-CONTI, ROMANÉE-CONTI, FRANKREICH

DOMAINE DE LA ROMANÉE-CONTI, ROMANÉE-CONTI, FRANKREICH

1,63 Hektaren klein ist die wertvollste (aber unverkäufliche) Weinlage der Welt. Ein keineswegs gigantisches Cuve, es trägt die Nummer 17, kann die gesamte Ernte des Grand Cru Romanée-Conti aufnehmen. Wenn da beim Gären etwas schiefginge … Wird es nicht; in dieser kritischen Phase kann der kostbare Pinot noir nicht den kleinsten Gluckser unbewacht tun. Burgundischer Tradition folgend, wird hier der Tresterhut (dunkel) mithilfe langer Stangen von oben in den Most (rosa) getaucht und zerstossen. Der dafür zuständige Arbeiter steht auf einem über den Bottich gelegten Brett. Bei dieser Aufnahme war es der Kellerchef persönlich, ohne Sicherung. Die Untertaucher auf den anderen Gärfässern der Domäne waren angeseilt.  

 

HESS FAMILY, COLOMÉ RISERVA, ARGENTINIEN

HESS FAMILY, COLOMÉ RISERVA, ARGENTINIEN

Makellos waren diese Weinbeeren, die in der Bodega Colomé von Donald Hess in den Gärtank kamen: perfekte Farbe, feste, blitzsaubere Haut. Schwer vorstellbar, dass auf den Prachtexemplaren die zahllosen Mikroorganismen herumwimmeln könnten, die für eine Fermentation nötig sind. Doch kaum war der Malbec – Argentiniens bevorzugte rote Sorte – eingemaischt, legte er los wie ein Vulkan. Saubere Bergluft scheint Trauben und Kleinstlebewesen gleichermassen gutzutun. Bis zu 3100 Meter hoch liegt das Rebland der Bodega Colomé in der Provinz Salta. Weltrekord. 2001 hat der Schweizer Unternehmer Donald Hess das Gut erworben und in eine mustergültige Hitech-Winery verwandelt.  

 

QUINTA DO NOVAL, QUINTA DO NOVAL NACIONAL, PORTUGAL

QUINTA DO NOVAL, QUINTA DO NOVAL NACIONAL, PORTUGAL

Der Stoff für die besten Weine des renommierten Portproduzenten im Dourotal wird buchstäblich in den Gärprozess getreten. Männer und neuerdings auch Frauen steigen in Lagars, flache, wadenhoch mit Trauben gefüllte Granitbecken, und quetschen die Masse mit den Füssen. Mit der uralten Methode werden Farb- und Aromastoffe sowie Tannine durch den stetigen Kontakt von Most und Beerenschalen schnell und schonend extrahiert. Ein Port, im Foto die Edelrebsorte Touriga Nacional, hat fürs Gären nur drei Tage Zeit, dann wird der Vorgang durch Zugabe von Alkohol gestoppt. Für die meisten Weine verwendet Quinta do Noval inzwischen moderne Technik. Zum Beispiel Tread Robots – mit Edelstahlfüssen. 

BILDER EINER VERWANDLUNG: ES WERDE WEIN