Gegen Sekt & Co. aus anderen Gebieten haben Florian Schmidt-Gabain und Dominik Betschart, Dirk Hany und Michael P. Sutter allerdings nichts. Doch weil sie seit Jahren Champagner trinken, kosten und kaufen, lag die Konzentration nah. Zumal in der Region ja immer Neues zu bestaunen ist. Wer kennt schon Newcomer wie Elise Bougy?

Das Champagner-Quartett von LES BULLES: Florian Schmidt-Gabain (oben rechts) und Dominik Betschart (sitzend), Dirk Hany (ganz links) und Michael P. Sutter. (Foto: Zsigmond Toth/LES BULLES AG)

Bei der Auswahl hat LES BULLES auf höchste Individualität geachtet. Sowohl Bougy als auch Agathe und Clément Piconnet sowie Alexandre Lamblot arbeiten biologisch in Umstellung, werden ab diesem Jahr Ecocert- zertifiziert sein. Hervé Jestin ist eh einer der Pioniere des biodynamischen Weinbaus. Verzicht auf Dosage ist Standard bei allen vier Betrieben, bei Schwefelzugabe und malolaktischer Gärung sowie der Dauer des Hefelagers gibt es Unterschiede. Eines aber ist klar: Individuell soll es sein! Also ist im 3 Cépages von Piconnet der rare Pinot blanc drin, also erinnert sein Rosé (20 Prozent Rotwein als Beigabe zum Weisswein) mehr an einen Roten aus der Bourgogne als an das, was man sonst so in der Champagne als Rosé bekommt. Und auch beim einzigen süssen Produkt des «LES BULLES»-Sortiments, dem Ratafia von Lamblot, muss man sich auf Überraschungen einstellen. Für die Mischung aus Traubensaft und Champagnerbrand ist zur Gänze Pinot noir verantwortlich. Es handelt sich nicht um einen eindimensionalen Süsswein, sondern um eine wunderbar würzige und komplexe Attraktion. Champagne eben!

CHAMPAGNE
ELISE BOUGY
LES MESNEUX

Erster Jahrgang ausverkauft! Das sorgt bei Elise Bougy für gute Laune, die in der Champagne das seit 1920 im Familienbesitz befindliche Gut führt. Die Erdverbundeheit hat sie von ihrer Gross- mutter, die Kreativität von ihrer Mutter geerbt. (Foto: Zsigmond Toth/LES BULLES AG)


Gegründet: 2018
Produktion: 4000 bis 6000 Flaschen

Ein paar Fässer sind es nur, die Elise Bougy befüllt, ein paar tausend Flaschen, die sie abfüllt. Auch ohne besondere Ambitionen müsste sie, die 2018 ihren ersten Jahrgang einbrachte, sich vermutlich keine Sorgen um den Verkauf machen. Rechnet man dann noch die Lagen dazu und die Prinzipien, dann wird es erst recht interessant. Die Grand-Cru-Parzelle Le Chétillon de Haut befindet sich unweit des legendären Clos du Mesnil, die Vinifikation erfolgt ohne Schwefel. Nur bei den Stillweinen in weisser und roter Version, die hier eine wichtige Rolle spielen, ist etwas Schwefel im Spiel.

LE CHÉTILLON DE HAUT
Elise Bougy
100 % Chardonnay
24 Monate Hefelager,
keine Dosage

Verhalten im Duft, sehr fein, Zitrus, frischer Apfel, wenig Hefe, später deutlich Blüten, leicht cremige Noten, gut erkennbar die Rebsorte, auch der Ausbau ohne Schwefel ist zu er­ ahnen. Im Mund kraftvoll, straff, animierende Säure, etwas nussige Würze im langen Nachhall, insgesamt sehr fein.
18/20 trinken –2027

LE MONT CHAINQUEUX
Elise Bougy
50 % Pinot noir, 50 % Pinot meunier
24 Monate Hefelager,
keine Dosage
ausverkauft

Feine, duftige, offene Nase, deutlich fruchtig, Noten von Birnen, leicht angetrockneter Apfel, Himbeeren, cremige und dunkle Hefe­noten, später immer mehr Kräuter. Im Mund fest und kompakt, nussige Würze, viel Substanz, im Nachhall Trockenkräuter und Estra­gon, lang, viel Potenzial, sehr eigenständig.
18/20 trinken –2026

CHAMPAGNE
C.H. PICONNET
NEUVILLE-SUR-SEINE

Gegründet: 2014
Produktion: 12 000 Flaschen

Seit 2014 existiert der knapp acht Hektaren zählende Betrieb an der Côte des Bar. Agathe und Clément Piconnet kultivieren neben Chardonnay und Pinot noir auch den Pinot blanc, von dessen Existenz viele, die sich bloss
auf oberflächliche Weise mit der Champagne befassen, gar nichts wissen. Spontane Vergärung, Ausbau im Stahl, kein Zusatz von Schwefel: Die Prinzipien sind streng.

(Foto: Marcel C. Altenbach, Hittnau)

BLANC DE NOIRS
Piconnet
Jahrgang 2018
100 % Pinot noir
36 Monate Hefelager,
keine Dosage
ausverkauft

Kräftige Farbe dank Maische­standzeit. In der Nase offen, würzig, direkt, Noten von Waldbeeren, reifer Apfel, getrocknete Kräuter, dazu eine eher dunkle Hefewürze. Kraftvoller Mundeindruck, recht fest, leicht verständlich, aber mit überdurch­schnittlicher Substanz und Länge, beachtliches Preis­-Genuss­-Verhältnis.
17/20 trinken –2025

3 CÉPAGES
Piconnet
40 % Pinot noir, 35 % Pinot blanc, 25 % Chardonnay
45 Monate Hefelager,

keine Dosage
Offener, attraktiver, fruch­tiger Eindruck, Kernobst, Himbeeren, auch Blüten, geriebener Stein, Apri­kosen, ganz leicht cremig. Im Mund klar, fein mit einer fast seidig anmutenden Eleganz, fruchtiger Nach­hall, beachtliche Länge, sehr eigenständig.
18/20 trinken –2026

2015 LES VIGNES DE CHARLES ROSE
Piconnet
40 % Pinot noir, 35 % Pinot blanc, 25 % Chardonnay
57 Monate Hefelager,

keine Dosage
Kräftige Farbe. In der Nase ruhig, leicht an einen Rotwein aus der Bourgogne erinnernd, Noten von Kirsche, Holunder, Himbeeren und Hefe, als Pinot deutlich erkennbar, später auch Gewürze. Im Mund sehr weinig, ele­gant, fein, Anklänge angetrocknete Himbeeren, dazu leicht cremige Würze, sehr eigenständig.
17/20 trinken –2025

CHAMPAGNE
HERVÉ JESTIN
ÉPERNAY

Gegründet: 2006
Produktion: 8000 Flaschen

Ein Newcomer ist Hervé Jestin nicht. In den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten hat sich der bloss eine halbe Hektare Rebfläche umfassende Betrieb zu einer Referenz für individuellen Spitzenchampagner gemausert. Rund 8000 Flaschen werden pro Jahr produziert, teilweise aus den Trauben befreundeter Winzer. Der Grundwein reift in Fässern oder Tonbehältern zu eigenwilligen, würzigen, nachhaltigen Unikaten heran. Hervé Jestin prägt übrigens seit Jahren auch den Stil der Weine des Hauses Leclerc Briant, eines Pioniers des biodynamischen Anbaus in der Champagne.

(Foto: Marcel C. Altenbach, Hittnau)

2009 JESTIN
Hervé Jestin
50 % Chardonnay, 25 % Pinot noir, 25 % Pinot meunier
96 Monate Hefelager,
keine Dosage

Eigenwillige Aromatik, Mandeln, Mandelblüten, Trockenkräuter, leicht welke gelbe Früchte, etwas Piment, später auch exo­tische Gewürze. Im Mund würzig, gewisse Reife, mundfüllend, cremige, leicht an Vin jaune erin­nernde Komponenten, intensiv, salziger, aber gleichzeitig ansatzweise malziger Nachhall, lang, würzig, eigenständig, viel Potenzial.
19/20 trinken –2030

CHAMPAGNE
A. LAMBLOT
JANVRY

Alexandre Lamblot bewirtschaftet sein Gut nach
dem Mondkalender. Besonders wichtig sind ihm die «jours fruits», Tage, an denen der Mond in einem
 der Sternzeichen Widder, Löwe oder Schütze steht. An diesen beendet er das Hefelager seiner Champagner und versieht sie mit den definitiven Korken. (Foto: Zsigmond Toth/LES BULLES AG)


Gegründet: 2014
Produktion: 14 000 Flaschen

Ganzheitlich arbeitet Alexandre Lamblot in Janvry, ein paar Kilometer westlich von Reims. Er hält in seinem Betrieb Hühner, beachtet den Mondkalender, brennt selbst Eau de vie (die Basis für seinen Ratafia) und degorgiert die Champagner à la volée, also manuell nach ganz alter Art. Die Reifezeiten auf der Hefe sind nicht extrem lang, was zu einem präzisen Stil und eher zupackender als schmelziger Art führt.

INTUITION
Lamblot
66 % Pinot meunier, 22 % Pinot noir,
12 % Chardonnay
36 Monate Hefelager,

keine Dosage
Jugendliche, offene Aroma­tik, frisch, deutlich Zitrus­noten (frische Frucht und Schalen), auch weinige Würze, feine Hefenoten. Im Mund frisch, rassig, deutlich CO2, straff, im Nachhall leicht cremig­hefig, Trockenkräuteranklänge. Insgesamt noch etwas unbalanciert, aber viel Potenzial.
18/20 2023–2028

MOUVANCE
Lamblot
34 % Pinot meunier, 33 % Pinot noir, 33 % Chardonnay
36 Monate Hefelager,
keine Dosage

Offene Frucht, duftig, ge­wisse Reife, zunehmend fruchtig, Noten von frischen und angetrockneten Oran­genschalen. Im Mund saftig, zupackend, fest und gerad­linig, Noten von Trocken­kräutern, nussig­würzige Anklänge, aber auch viel Frische.
18/20 trinken –2027

RATA DU RENÉ,
RATAFIA DE CHAMPAGNE

Lamblot
100 % Pinot noir
Offene Nase, Noten von gerösteten Trauben, Hefe, getrocknete Kräuter, angeröstete Rebhölzer. Im Mund betont würzig, kraftvoll, volle, aber nicht aufdringliche Süsse, im Nachhall Noten von ge­rösteten Baumnüssen, Liebstöckel, recht lang, sehr eigenständig.
17/20 trinken –2030

Erhältlich bei:
LES BULLES
8125 Zollikerberg
www.lesbulles.wine