Gegen Sekt & Co. aus anderen Gebieten haben Florian Schmidt-Gabain und Dominik Betschart, Dirk Hany und Michael P. Sutter allerdings nichts. Doch weil sie seit Jahren Champagner trinken, kosten und kaufen, lag die Konzentration nah. Zumal in der Region ja immer Neues zu bestaunen ist. Wer kennt schon Newcomer wie Elise Bougy?
Bei der Auswahl hat LES BULLES auf höchste Individualität geachtet. Sowohl Bougy als auch Agathe und Clément Piconnet sowie Alexandre Lamblot arbeiten biologisch in Umstellung, werden ab diesem Jahr Ecocert- zertifiziert sein. Hervé Jestin ist eh einer der Pioniere des biodynamischen Weinbaus. Verzicht auf Dosage ist Standard bei allen vier Betrieben, bei Schwefelzugabe und malolaktischer Gärung sowie der Dauer des Hefelagers gibt es Unterschiede. Eines aber ist klar: Individuell soll es sein! Also ist im 3 Cépages von Piconnet der rare Pinot blanc drin, also erinnert sein Rosé (20 Prozent Rotwein als Beigabe zum Weisswein) mehr an einen Roten aus der Bourgogne als an das, was man sonst so in der Champagne als Rosé bekommt. Und auch beim einzigen süssen Produkt des «LES BULLES»-Sortiments, dem Ratafia von Lamblot, muss man sich auf Überraschungen einstellen. Für die Mischung aus Traubensaft und Champagnerbrand ist zur Gänze Pinot noir verantwortlich. Es handelt sich nicht um einen eindimensionalen Süsswein, sondern um eine wunderbar würzige und komplexe Attraktion. Champagne eben!
CHAMPAGNE
ELISE BOUGY
LES MESNEUX
Gegründet: 2018
Produktion: 4000 bis 6000 Flaschen
Ein paar Fässer sind es nur, die Elise Bougy befüllt, ein paar tausend Flaschen, die sie abfüllt. Auch ohne besondere Ambitionen müsste sie, die 2018 ihren ersten Jahrgang einbrachte, sich vermutlich keine Sorgen um den Verkauf machen. Rechnet man dann noch die Lagen dazu und die Prinzipien, dann wird es erst recht interessant. Die Grand-Cru-Parzelle Le Chétillon de Haut befindet sich unweit des legendären Clos du Mesnil, die Vinifikation erfolgt ohne Schwefel. Nur bei den Stillweinen in weisser und roter Version, die hier eine wichtige Rolle spielen, ist etwas Schwefel im Spiel.
LE CHÉTILLON DE HAUT
Elise Bougy
100 % Chardonnay
24 Monate Hefelager,
keine Dosage
Verhalten im Duft, sehr fein, Zitrus, frischer Apfel, wenig Hefe, später deutlich Blüten, leicht cremige Noten, gut erkennbar die Rebsorte, auch der Ausbau ohne Schwefel ist zu er ahnen. Im Mund kraftvoll, straff, animierende Säure, etwas nussige Würze im langen Nachhall, insgesamt sehr fein.
18/20 trinken –2027
LE MONT CHAINQUEUX
Elise Bougy
50 % Pinot noir, 50 % Pinot meunier
24 Monate Hefelager,
keine Dosage
ausverkauft
Feine, duftige, offene Nase, deutlich fruchtig, Noten von Birnen, leicht angetrockneter Apfel, Himbeeren, cremige und dunkle Hefenoten, später immer mehr Kräuter. Im Mund fest und kompakt, nussige Würze, viel Substanz, im Nachhall Trockenkräuter und Estragon, lang, viel Potenzial, sehr eigenständig.
18/20 trinken –2026
CHAMPAGNE
C.H. PICONNET
NEUVILLE-SUR-SEINE
Gegründet: 2014
Produktion: 12 000 Flaschen
Seit 2014 existiert der knapp acht Hektaren zählende Betrieb an der Côte des Bar. Agathe und Clément Piconnet kultivieren neben Chardonnay und Pinot noir auch den Pinot blanc, von dessen Existenz viele, die sich bloss
auf oberflächliche Weise mit der Champagne befassen, gar nichts wissen. Spontane Vergärung, Ausbau im Stahl, kein Zusatz von Schwefel: Die Prinzipien sind streng.
BLANC DE NOIRS
Piconnet
Jahrgang 2018
100 % Pinot noir
36 Monate Hefelager,
keine Dosage
ausverkauft
Kräftige Farbe dank Maischestandzeit. In der Nase offen, würzig, direkt, Noten von Waldbeeren, reifer Apfel, getrocknete Kräuter, dazu eine eher dunkle Hefewürze. Kraftvoller Mundeindruck, recht fest, leicht verständlich, aber mit überdurchschnittlicher Substanz und Länge, beachtliches Preis-Genuss-Verhältnis.
17/20 trinken –2025
3 CÉPAGES
Piconnet
40 % Pinot noir, 35 % Pinot blanc, 25 % Chardonnay
45 Monate Hefelager,
keine Dosage
Offener, attraktiver, fruchtiger Eindruck, Kernobst, Himbeeren, auch Blüten, geriebener Stein, Aprikosen, ganz leicht cremig. Im Mund klar, fein mit einer fast seidig anmutenden Eleganz, fruchtiger Nachhall, beachtliche Länge, sehr eigenständig.
18/20 trinken –2026
2015 LES VIGNES DE CHARLES ROSE
Piconnet
40 % Pinot noir, 35 % Pinot blanc, 25 % Chardonnay
57 Monate Hefelager,
keine Dosage
Kräftige Farbe. In der Nase ruhig, leicht an einen Rotwein aus der Bourgogne erinnernd, Noten von Kirsche, Holunder, Himbeeren und Hefe, als Pinot deutlich erkennbar, später auch Gewürze. Im Mund sehr weinig, elegant, fein, Anklänge angetrocknete Himbeeren, dazu leicht cremige Würze, sehr eigenständig.
17/20 trinken –2025
CHAMPAGNE
HERVÉ JESTIN
ÉPERNAY
Gegründet: 2006
Produktion: 8000 Flaschen
Ein Newcomer ist Hervé Jestin nicht. In den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten hat sich der bloss eine halbe Hektare Rebfläche umfassende Betrieb zu einer Referenz für individuellen Spitzenchampagner gemausert. Rund 8000 Flaschen werden pro Jahr produziert, teilweise aus den Trauben befreundeter Winzer. Der Grundwein reift in Fässern oder Tonbehältern zu eigenwilligen, würzigen, nachhaltigen Unikaten heran. Hervé Jestin prägt übrigens seit Jahren auch den Stil der Weine des Hauses Leclerc Briant, eines Pioniers des biodynamischen Anbaus in der Champagne.
2009 JESTIN
Hervé Jestin
50 % Chardonnay, 25 % Pinot noir, 25 % Pinot meunier
96 Monate Hefelager,
keine Dosage
Eigenwillige Aromatik, Mandeln, Mandelblüten, Trockenkräuter, leicht welke gelbe Früchte, etwas Piment, später auch exotische Gewürze. Im Mund würzig, gewisse Reife, mundfüllend, cremige, leicht an Vin jaune erinnernde Komponenten, intensiv, salziger, aber gleichzeitig ansatzweise malziger Nachhall, lang, würzig, eigenständig, viel Potenzial.
19/20 trinken –2030
CHAMPAGNE
A. LAMBLOT
JANVRY
Gegründet: 2014
Produktion: 14 000 Flaschen
Ganzheitlich arbeitet Alexandre Lamblot in Janvry, ein paar Kilometer westlich von Reims. Er hält in seinem Betrieb Hühner, beachtet den Mondkalender, brennt selbst Eau de vie (die Basis für seinen Ratafia) und degorgiert die Champagner à la volée, also manuell nach ganz alter Art. Die Reifezeiten auf der Hefe sind nicht extrem lang, was zu einem präzisen Stil und eher zupackender als schmelziger Art führt.
INTUITION
Lamblot
66 % Pinot meunier, 22 % Pinot noir,
12 % Chardonnay
36 Monate Hefelager,
keine Dosage
Jugendliche, offene Aromatik, frisch, deutlich Zitrusnoten (frische Frucht und Schalen), auch weinige Würze, feine Hefenoten. Im Mund frisch, rassig, deutlich CO2, straff, im Nachhall leicht cremighefig, Trockenkräuteranklänge. Insgesamt noch etwas unbalanciert, aber viel Potenzial.
18/20 2023–2028
MOUVANCE
Lamblot
34 % Pinot meunier, 33 % Pinot noir, 33 % Chardonnay
36 Monate Hefelager,
keine Dosage
Offene Frucht, duftig, gewisse Reife, zunehmend fruchtig, Noten von frischen und angetrockneten Orangenschalen. Im Mund saftig, zupackend, fest und geradlinig, Noten von Trockenkräutern, nussigwürzige Anklänge, aber auch viel Frische.
18/20 trinken –2027
RATA DU RENÉ,
RATAFIA DE CHAMPAGNE
Lamblot
100 % Pinot noir
Offene Nase, Noten von gerösteten Trauben, Hefe, getrocknete Kräuter, angeröstete Rebhölzer. Im Mund betont würzig, kraftvoll, volle, aber nicht aufdringliche Süsse, im Nachhall Noten von gerösteten Baumnüssen, Liebstöckel, recht lang, sehr eigenständig.
17/20 trinken –2030
Erhältlich bei:
LES BULLES
8125 Zollikerberg
www.lesbulles.wine
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