Die italienische Agentur Max Information in Bologna zeigt den toskanischen Gockel erstmals mit Haut und Federn und nach Stilepochen eingekleidet, als «gran signore», der uns verkündet: «Chianti Classico Gallo Nero, non un classico Chianti.» Die Jahreszahlen verweisen auf bedeutende Ereignisse, 1700 (oben) auf die Festlegung der geografischen Grenzen des Chianti, woher der heutige Chianti-Classico-Wein stammt. Unten links 1800, rechts 1970. links 1920 und rechts 2000. (Abbildungen: @Consorzio Vino Chianti Classico)

 

«Die Ernte 2017 wird als historisch in die Annalen eingehen. Wir blicken auf eines der trockensten Jahre zurück, es brachte die Winzer an ihre Grenzen»
Sergio Zingarelli,
Präsident Consorzio Vino Chianti Classico

Die Stazione Leopolda war der erste Bahnhof von Florenz, erbaut für die Strecke Firenze–Pisa–Livorno. Architekt Enrico Presenti erhielt von Grossherzog Leopold II. den Auftrag. Der im neuklassizistischen Stil errichtete Kopf­bahnhof ging 1848 in Betrieb. Bereits 1860 wurde er jedoch eingestellt, weil der heutige Hauptbahnhof zentraler gelegen ist. 

Il Signore del Chianti Classico: Das Bild des Hahns kennzeichnete schon immer die Flaschen des Chianti Classico.
(Foto: Chiara Daniele)

Qualität, Geschichte, Persönlichkeit: In den eindrücklichen Hallen der Stazione Leopolda in Florenz präsentierten die Winzer des Chianti Classico ihre jüngsten Abfüllungen.
(Foto: Chiara Daniele)

In den folgenden Jahrzehnten diente das Gebäude der Zollverwaltung, als Munitionsfabrik und als Eisenbahnde­pot. Heute bieten die eindrücklichen Hallen Raum für Ver­anstaltungen aller Art. So ist es auch zur Tradition geworden, dass hier die Winzer aus dem Chianti Classico jeweils Mitte Februar ihre aktuellen Jahrgänge präsentieren.

«Wir empfangen Sie nach einer harten Saison», er­ öffnete Sergio Zingarelli, Präsident des Consorzio Vino Chianti Classico, die diesjährige Veranstaltung. «Die Ernte 2017 wird als historisch in die Annalen eingehen. Wir blicken auf eines der trockensten Jahre zurück, es brachte die Winzer an ihre Grenzen.» In den ersten Monaten fiel kaum Regen und vereinzelt gab es Frost. Die Temperaturen lagen fortwährend über dem Durchschnitt und erreichten im Juli und August Höchstwerte. Erst Anfang September sanken dank etwas Niederschlag die Temperaturen, und die Trauben reiften, so gut es ging, aus. «Die Ernte 2017 von 20 Millionen Litern entspricht einem Minus von 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Es ist die kleinste Ernte seit 40 Jahren.» Mehr Grund zur Freude bieten Zingarelli die Verkaufszahlen. Zum dritten Mal in Serie wurden über 37 Millionen Flaschen Chianti Classico ver­kauft, Flaschenanbieter generierten damit einen Umsatz von rund 400 Millionen Euro. Marktführer sind die USA, jede dritte Flasche findet hier ihre Abnehmer. Auch Italien ist ein Wachstumsmarkt. 23 Prozent der Produktion wer­den im Herkunftsland getrunken. Die Schweiz folgt mit drei Prozent auf dem 7. Platz.

Das Anbaugebiet des Chianti Classico umfasst rund 7000 Hektaren verteilt auf neun Gemeinden. An der dies­jährigen «Chianti Classico Collection» liessen sich die Verantwortlichen auf ein riskantes Spiel ein. Im Vorfeld selektionierten sie aus jeder der Zonen je eine aus ihrer Sicht typische Abfüllung des Jahrgangs 2015. Die Fach­besucher waren eingeladen, an der «Prova dei novi» teil­ zunehmen und in einer Blindverkostung herauszufinden, welcher Wein aus welcher Gemeinde stammt. Dabei waren die Verkoster auf ihr eigenes Wissen angewiesen, eine offizielle Charakterisierung der Gemeindegebiete wurde nicht kommuniziert.

Fast überall im Anbaugebiet weisen die Böden einen hohen Anteil an Kiesel und Steinen auf. Die Reben wach­sen oft auf Galestro, wie der hier typische blaugraue Kalkstein-­Schieferboden genannt wird, Albarese, verwit­terter Sandstein, kommt ebenfalls häufig vor. Das Gebiet zwischen Florenz und Siena weist zahlreiche Hügellagen zwischen 250 und 600 Höhenmetern auf. Für viele gelten als beste Lagen die mittleren Höhenlagen südlich von Greve, nördlich von Radda und Castellina sowie die Hänge, die sich von Gaiole nach Süden bis Castelnuovo Berardenga erstrecken. Den Roten aus Castelnuovo Berardenga wird etwa nachgesagt, dass sie besonders kräftig und üppig und von Aromen wie Lakritze und Graphit geprägt seien. In höheren, steinigeren Lagen wie in Radda und Castellina fallen die Weine oft etwas hellfarbiger und säurereicher aus. Die neun ausgeschenkten Chianti Classico waren von unterschiedlicher Güte, von anspruchsloser bis sehr guter Qualität; ihre Hersteller blieben unbekannt. Schätzungs­weise hundert Degustatoren nutzten die Gelegenheit und speisten am Schluss der Verkostung ihre Einschätzung der Herkunft mittels elektronischen Handgeräts ein. Die Auswertung zeigte, dass rund ein Drittel der Weine der jeweiligen Gemeinde richtig zugeordnet wurden. Mit 37 Prozent Trefferquote lagen Castelnuovo Berardenga, Castellina in Chianti und San Casciano in Val di Pesa an der Spitze, es folgen mit 36 Prozent Gaiole in Chianti. 35 Prozent richtige Antworten gabs für den Wein aus Greve in Chianti, 33 Prozent für die Abfüllung aus Radda in Chianti. Der Wein aus Poggibonsi wurde von 32 Prozent richtig zugeordnet, derjenige aus Barberina Val d’Elsa von 28 Prozent. Tavernelle Val di Pesa wurde von 23 Prozent erkannt.

Der Grossteil der an der «Chianti Classico Collec­tion 2018» präsentierten Weine stammten aus den Jahr­gängen 2016 (28 Mio. Liter) und 2015 (30 Mio. Liter). 2016 hatten die Winzer leichtes Spiel. Zwar herrschte während des Farbumschlags Ende Juli Trockenheit, dank den Niederschlägen Ende August und Anfang September kam es aber nicht zu Trockenstress und die Temperaturen blieben im Gegensatz zu den Sommermonaten während der letz­ten Wochen vor der Ernte moderat. Alles in allem zeigt sich in diesem Jahrgang der Sangiovese von seiner besten Seite. Jahrgang 2015 wird generell ebenfalls als ausge­zeichnete Qualität eingestuft. Auf einen milden Frühling folgte ein Sommer mit wenig Niederschlag und hohen Temperaturen, doch mit genügend Abkühlung während der Nächte. Die letzten Wochen vor der Ernte verliefen problemlos und führten zu schöner Reife. Nach dem schwierigen 2014 und vor einem problematischen 2017 sind zwei Jahrgänge eingebettet, deren Weine gewisser­massen sichere Werte darstellen.

Die Juristin Carlotta Gori übernahm Ende 2017 das Direktorium des Consorzio Vino Chianti Classico vom langjährigen Direktor Giuseppe Liberatore. Damit gibt es in Italien nun zwei Frauen in der Position eines Konsortiumsdirektors. Olga Bussinello, ebenfalls Juristin, leitet seit 2010 das Konsortium im Valpolicella.
(Foto: Chiara Daniele)

«Aufgrund meiner langjährigen Arbeit als Beraterin für das Consorzio kenne ich das gesamte Umfeld.
Die reglementarischen Anforderungen wie auch die Bedeutung der Branchenverbände nehmen ständig zu»
Carlotta Gori,
neue Direktorin Consorzio Vino Chianti Classico

 

SHORT FACTS
CHIANTI CLASSICO COLLECTION

ORT Stazione Leopolda, Florenz
VERANSTALTER Consorzio Vino Chianti Classico
PRODUKTIONSFLÄCHE 7200 Hektaren
MITGLIEDER 523 (315 mit eigener Abfüllung)
TEILNEHMENDE PRODUZENTEN 186
ANZAHL WEINE 659
DAUER zwei Tage
JOURNALISTEN 250
SOMMELIERS 50
FACHBESUCHER 1800

TOP 10 CHIANTI CLASSICO

TOP 10 CHIANTI CLASSICO RISERVA