Mit 26 860 Hektaren ist Rheinhessen Deutschlands grösstes Weinanbaugebiet. Weisswein bestimmt mit 71,7 Prozent den Rebsortenspiegel. Riesling steht an der Spitze (18,1 %), wobei sich die Rotweinfläche Rheinhessens innerhalb eines Jahrzehnts mehr als verdoppelt hat, so dass bereits von einem Rotweinboom gesprochen wird.

FLÖRSHEIM-DALSHEIM
KELLER
JULIA UND KLAUS-PETER KELLER

An die Schweiz erinnert nicht viel im Weingut Keller in Flörsheim-Dalsheim. Ist ja auch schon eine Weile her, seit Klaus-Peter Kellers Vorfahre Johann Leonhard Keller die Eidgenossenschaft verliess. Ende des 18. Jahrhunderts war das. Weinbau stand in der neuen Heimat schon bald auf der Agenda, doch bis die hier erzeugten Rieslinge zu Kult-weinen wurden, sollte es eine Weile dauern. So richtig setzte der Hype erst in den letzten beiden Jahrzehnten ein, vor allem mit dem erstmals 2001 gekelterten G-Max, einem Wein, der zum Kult wurde. Wer ihn kaufen will, muss
sich hintanstellen oder auf Auktionen zuschlagen. Weit über 1000 Euro werden für eine Flasche aufgerufen. Ob das berechtigt ist, muss jeder Sammler selbst entscheiden – aber viele Rieslinge gibt es nicht, welche an die unerhörte Präzision dieses Weines herankommen. Die «normalen» Grossen Gewächse stehen da in der Regel nur wenig nach, aber auch sie sind nicht ganz einfach zu ergattern.

2019 RIESLING TROCKEN G-MAX
Sehr feine Aromatik, Zitrusfrüchte, Kräuter, etwas Hefe, auch steinige und florale Noten, sehr jugendlich. Ein im ersten Moment fast verhalten wirkendender Wein, der sich erst langsam erschliesst, straff, aber fast zart, mineralische Würze erst allmählich deutlich werdend, vibrierend mit faszinierend dichter Säurestruktur, enorm würziger und mineralischer Nachhall, Anklänge an Koriander, zeigt sich (im Herbst 2020 verkostet) nur ansatzweise, Potenzial für eine noch höhere Note.
19/20 2023–2040

2019 RIESLING TROCKEN GROSSES GEWÄCHS WESTHOFEN MORSTEIN
Sehr klarer, jugendlicher Eindruck, Noten von frischen und trockenen Kräutern, kühler Pfirsich, trockene Blütenblätter, geriebener Stein. Sehr straff und würzig, völlig trocken und klar, sehr feste Art, dunkle Würze, vibrierend, mineralisch, lang, Anklänge an Trockenkräuter, insgesamt sehr lang und stimmig.
19/20 2023–2035

Weingut Keller
Julia und Klaus-Peter Keller
Bahnhofstrasse 1, 67592 Flörsheim-Dalsheim
Fon +49 6243 456
www.keller-wein.de

Erhältlich bei:
www.secli-weinwelt.ch
www.gerstl.ch
www.wineloft.ch

WESTHOFEN
WITTMANN
PHILIPP WITTMANN

Spätestens im August eines jeden Jahres reden viele Weinkenner in Deutschland nur davon, wer diesmal im deutschen Anbaugebiet Rheinhessen die Nase vorn hat – Wittmann oder Keller. Und ob der Morstein-Riesling des einen oder jener des anderen besser ist. Dabei vergessen sie gern, dass es ausser der Prestigelage noch viele andere erstklassige Parzellen gibt. Und dazu immer mehr Winzer, die nach ganz vorn drängen. An Wittmann freilich kommt kaum jemand vorbei, was auch den überzeugenden Einstiegsrieslingen geschuldet ist – oder dem Grossen Gewächs aus der Lage Westhofener Brunnenhäuschen, das 2019 ebenso spannend wirkt wie jenes aus dem Morstein. Wer sich mit den Rheinweinen Wittmanns beschäftigt, sollte übrigens nicht vergessen, auch jene von der Mosel zu verkosten. Philipp Wittmanns Frau Eva keltert im Familienbetrieb Ansgar Clüsserath in Trittenheim erstklassige und erstaunlich günstige Rieslinge – trocken wie süss.

2019 RIESLING TROCKEN WESTHOFEN AULERDE GROSSES GEWÄCHS
Offene, kühle, recht komplexe Aromatik, Anklänge an Zitrusfrüchte, Elstar-Apfel, etwas gelbe Früchte und Kräuter. Saftiger Wein, fest, kraftvoll, noch etwas arg jugendlich und ungestüm wirkend, reife Frucht, fast exotischer Touch, Schmelz, aber auch eine faszinierende Zitrus-Kräuter-Note im langen Abgang, sehr gutes Preis-Genuss-Verhältnis.
18/20 2022–2031

2019 RIESLING TROCKEN WESTHOFEN BRUNNENHÄUSCHEN GROSSES GEWÄCHS
Offene, aber zunächst eher zurückhaltende Frucht, eher kühl, Anklänge an Kräuter, Zitrusfrüchte, grünen bis mittelreifen Apfel, weissen Pfirsich. Im Antrunk enorm präsent, dichte Frucht, allerdings auch eine wunderbar
reife Säure, Schmelz, mit der Zeit immer verspielter werdend, würziger, tiefgründiger, sehr langer, fester Nachhall, dabei ganz und gar unkompliziert.
19/20 2023–2033

2019 RIESLING TROCKEN WESTHOFEN MORSTEIN GROSSES GEWÄCHS
Klare, kühle, recht präsente Aromatik, Noten von gemischten Kräutern, Aprikose und Pfirsich. Im Mund typisch Morstein mit einer sehr festen,
mit merklich salziger Grundstruktur und einer monumentalen Würze und einem festen, fast rauchig-tabakigen Nachhall, nicht so verspielt wie das Brunnenhäuschen, noch weit von der Trinkreife entfernt.
19/20 2024–2033

Weingut Wittmann
Philipp Wittmann
Mainzer Strasse 19, 67593 Westhofen bei Worms
Fon +49 6244 905036
www.weingutwittmann.de

Erhältlich bei:
www.gerstl.ch

NIERSTEIN
ST. ANTONY
DIRK WÜRTZ

Nur wenige Weingüter Rheinhessens haben sich auf eine solche Weise entwickelt. Lange war der Niersteiner Betrieb Hausweingut eines Bergbauunternehmens mit überschaubaren Ambitionen, dann sorgten Männer wie Horst Michalsky, Detlev Meyer, Felix Peters und Dirk Würtz für unaufhörlichen Aufstieg. Das Gut wuchs, die Qualität wuchs mit. Der berühmte Rote Hang am Rhein, der mit seinem rötlichen, von Eisenoxid geprägten Boden auffällt, sowie der kluge Einsatz von Holz in der Vinifikation sorgen hier für sehr eigenständige Spitzenweine. Puristisch, würzig, nachhaltig – und überraschend günstig. Ausser mit Riesling hat sich das Weingut nun auch einen Namen für Blaufränkisch gemacht, also für eine Rebsorte, die in Deutschland lange im Wesentlichen auf Württemberg beschränkt war.

2019 RIESLING TROCKEN GROSSES GEWÄCHS NIERSTEIN HIPPING
Sehr feine, mittelwarme Aromatik, Noten von Mirabellen, getrocknete mediterrane Kräuter, Spur Tee. Im Mund kraftvoll, eher dicht als straff, betonte Würze, zurückhaltende Frucht, langer, an Trockenkräuter erinnernder Nachhall.
18/20 2022–2028

2019 RIESLING TROCKEN GROSSES GEWÄCHS NIERSTEIN PETTENTHAL
Sehr feiner, verblüffend vielschichtiger Duft, getrocknete Kräuter, Gewürze, Aprikosen, Pfirsich, etwas Mirabellen. Sehr präsent wirkender Riesling, verhaltene Frucht, dafür betont würzige Art, reife, bestens integrierte
Säure, mit Luft immer spannender, sehr nachhaltig, eigenständiger Stil, Potenzial für eine höhere Bewertung.
18/20 2022–2031

2003 RIESLING TROCKEN GROSSES GEWÄCHS NIERSTEIN HIPPING Präsente, klare, mittelwarme Frucht, nur leichte Reifetöne, deutlich cremig, Kräutersalbe, Trockenkräuter, Aprikosenhaut, Birnen. Im Mund warm und harmonisch, viel Schmelz und Struktur, den sehr warmen Jahrgang anzeigend, würzig im Nachhall, noch sehr angenehm zu trinken.
17/20 trinken –2025

St. Antony
Dirk Würtz
Wilhelmstrasse 4, 55283 Nierstein
Fon +49 6133 509110
www.st-antony.de

Erhältlich bei:
www.gerstl.ch

Bilderstrom.
Der Rhein ist der berühmteste aller europäischen Flüsse und seit Beginn der Bildproduktion ein Motiv, das in zahlreichen Gemälden, Zeichnungen und Stichen Verbreitung findet. Ein Bilderstrom. Die ambivalenten Wechselwirkungen zwischen Fluss und Bild anhand der Fotografie zeigte die Ausstellung «Der Rhein und die Fotografie 2016–1853» im LVR­-Landes­-Museum Bonn. 60 fotografische Positionen von 60 namhaften Fotografen. Von Candida Höfer bis Gerhard Richter. Unser Bild von Valeska Achenbach und Isa­bela Pacini aus dem Jahr 2003 (ohne Titel) findet sich auch im zur Ausstellung bei Hatje Cantz erschienenen Katalog. (Foto: Valeska Achenbach & Isabela Pacini, 2016)

Der Mittelrhein war lange das Stiefkind der deutschen Weinszene. Mit 468 Hektaren ein kleines Weingebiet, erstreckt es sich über rund 120 Kilometer von Bingen bis kurz vor Bonn beidseits des Rheins. Eine malerische Kulisse mit imposanter Landschaft, alten Burgruinen und romantischen Weindörfern. Im Jahr 2002 wurde das obere Mittelrheintal mit dem berühmten Loreleyfelsen zum Weltkulturerbe ernannt. Zu 84,8 Prozent sind die Mittelrhein-Weingärten mit weissen Sorten bestockt. An der Spitze: Riesling mit 65 Prozent.

ESSENHEIM
BRAUNEWELL
STEFAN UND CHRISTIAN BRAUNEWELL

Der Rote Hang zwischen Nackenheim und Nierstein galt lange als einzige Ecke im deutschen Anbaugebiet Rheinhessen, die dem berühmten Rheingau das Wasser reichen konnte. Von der Gegend dahinter sprach man lange nur wenig. Inzwischen hat sich das geändert – woran die Brüder Stefan und Christian Braunewell nicht unschuldig sind. Sie verstehen es, als Kellermeister im Familienbetrieb, aus kalkgeprägten Lagen wie Teufelspfad, Blume und Klopp eigenständige Weine mit Würze und reifer Säure zu vinifizieren. Riesling spielt in diesem 28-Hektaren-Betrieb eine wichtige Rolle, wird aber von vielen anderen Spezialitäten ergänzt. Der Grauburgunder zeigt eine den Schmelz abfedernde Würze, die Schaumweine gehören inzwischen zu den besten Sekten der Region, die Rotweine binden das Holz gut ein, und der Sauvignon blanc zeigt Tiefgang. Erstaunlich ist auch, wie günstig die Preise sind – zumal der 2019er Teufelspfad-Riesling in einer Blindverkostung im Herbst letzten Jahres sogar den legendären G-Max des berühmten Kollegen Klaus-Peter Keller hinter sich liess.

2018 GRAUER BURGUNDER TROCKEN ESSENHEIM KALKMERGEL Spontangärung im Holzfass
Offene Frucht, frische und getrocknete Kräuter, ein Hauch rauchige Würze, Birne, etwas gelbe Früchte, insgesamt komplex. Im Mund saftig, den reifen Jahrgang zeigend, aber mit Grip und Struktur, verhaltene Säure, leicht salzig, würziger, leicht schmelziger Nachhall.
17/20 trinken –2024

2019 SAUVIGNON BLANC TROCKEN RESERVE
Vergärung in Barriques
Feinhefereifung bis März
13,5 Vol.-%

Feine, klare Frucht, weisse Johannisbeeren, Hauch von Aprikose und Zitrus, ganz leicht blättrig, sich zu eindrucksvoller Komplexität entwickelnd. Im Mund kühl und saftig, fest, animierende Säure, sehr von etwas Luft profitierend, mineralisch-würziger, überraschend langer Nachhall.
18/20 trinken –2027

2019 RIESLING TROCKEN TEUFELSPFAD
Vergärung im Edelstahl und im Holzfass
12,5 Vol.-%

Noch sehr jugendliche, offene Frucht, Anklänge von Hefe und Kräutern, später auch Pfirsich und Aprikose. Im Mund zupackend und straff, enorm würzig, sehr präsent, aber nicht vordergründig, mineralischer Nachhall, imposante Länge, dicht und dennoch verspielt, dürfte sich über viele Jahre ausgezeichnet entwickeln, unfassbar gutes Preis- Genuss-Verhältnis.
19/20 2022–2032

Braunewell
Stefan und Christian Braunewell
Am Römerberg 34, 55270 Essenheim
Fon +49 6136 9999100
www.braunewell-wein.de

Erhältlich bei:
www.pinotandfriends.ch

OBERWESEL
LANIUS-KNAB
JÖRG LANIUS

Man mag sie, die Weine von Jörg Lanius aus Oberwesel, oder man mag sie nicht. Ausgebaut werden sie im grossen Fass, und selbst die nominell besten, jene mit der Bezeichnung Grosses Gewächs auf dem Etikett, sind oft eher von kräuteriger, manchmal erdiger Würze geprägt als von messerscharfer Mineralik. Doch Vergleiche mit anderen Gütern oder Regionen scheinen Jörg Lanius, der vor 30 Jahren mit kleiner Fläche begann und sich zur heutigen Grösse von über zehn Hektaren steigerte, unwichtig. Der Mann hat längst seinen Stil gefunden.

2019 RIESLING TROCKEN SENGEHÖLLER BERNSTEIN
Zunächst etwas verschlossen, dann offen und vielschichtig, Anklänge an Blüten, Apfel, Pfirsich und Kräuter. Im Mund voller Schmelz und Würze, eher dicht als straff, würziger, kräuteriger Nachhall, in sich stimmig.
17/20 trinken –2026

2018 RIESLING TROCKEN GROSSES GEWÄCHS OBERWESELER OELSBERG
Offene, süsse, vielschichtige Frucht, Anklänge an Elstar-Apfel und gemischte gelbe Früchte, auch ein Hauch Mango. Im Mund vergleichsweise straff wirkend, mit Würze und einer angesichts des Jahrgangs unerwarteten Säure und Schmelz, ganz leicht rustikal mit würzigem, beachtlich langem Nachhall, eigener Stil.
17/20 trinken –2025

2010 RIESLING BEERENENAUSLESE OBERWESELER OELSBERG
Präsente Frucht, leicht welk, aber gleichzeitig frisch. Noten von Zitrusschale, Aprikosenkonfitüre, süsser und kandierter Pfirsich, aber auch kräuterig-würzige Noten, Bienenwachs. Im Mund saftig, deutlich süss, aber geprägt auch von der imposanten Säure, für eine Beerenauslese sehr animierend, langer, würziger Nachhall.
18/20 trinken –2030

Weingut Lanius-Knab Jörg Lanius
Mainzer Strasse 38, 55430 Oberwesel
Fon +49 6744 8104
www.lanius-knab.de

SPAY
MATTHIAS MÜLLER
MATTHIAS, CHRISTOPH UND JOHANNES MÜLLER

Die Lage Bopparder Hamm ist der Platzhirsch unter den Weinbergen am Mittelrhein. Eine überwiegend nach Süden ausgerichtete Lage mit 75 Hektaren Rebfläche, die offiziell aufgeteilt wird in Engelstein, An der Rabenlei, Ohlenberg, Feuerlay, Mandelstein und weitere Parzellen. Matthias, Christoph und Johannes Müller arbeiten die Unterschiede gut heraus, begegnen auch den Herausforderungen der letzten Jahre. Die Namen der Lagen deuten ja teilweise an, dass es hier immer schon relativ warm war, seit der Weinbau Einzug hielt; anno 643 wurde er erstmals urkundlich erwähnt. In den letzten Jahren freilich machte die Trockenheit den hiesigen Winzern immer mehr zu schaffen, weshalb mittlerweile über Bewässerung nachgedacht wird. Der früher oft schlanke, säurebetonte Stil der Mittelrhein-Rieslinge hat sich verändert – was aber kein Nachteil sein muss. Zumindest nicht hier.

2018 RIESLING TROCKEN STEILSTÜCK BOPPARDER HAMM OHLENBERG
Kompakte Frucht, frische gelbe Früchte, vor allem Pfirsich, etwas Kräuter, ein Hauch steinige Würze. Enorm saftiger, kompakter Riesling aus einem reifen Jahr mit Mengen an Frucht, schön würzig bleibend, ansatzweise mineralisch, überraschend nachhaltig.
17/20 trinken –2025

2019 RIESLING FEINHERB BOPPARDER HAMM FEUERLAY
Duftig, offene, feine Frucht, kühler Apfel, Kräuter, gelbe Früchte, auch pflanzliche Töne, noch sehr jugendlich, aber sehr animierend. Im Mund merkliche Süsse, die aber von einer würzigen Art und der für 2019 typischen Säure konterkariert wird.
18/20 trinken –2029

2012 RIESLING TROCKEN GROSSES GEWÄCHS BOPPARDER HAMM ENGELSTEIN
Offene, gesetzte Aromatik, Anflug an Kräutersalbe, dazu Melone und gelbe Früchte, auch etwas Getreide und Zitrus. Im Mund enorm saftig, viel Schmelz, den vergleichsweise warmen Jahrgang zeigend, nicht ganz trocken wirkend, würziger Nachhall.
16/20 trinken –2023

Weingut Matthias Müller
Matthias, Christoph und Johannes Müller
Mainzer Strasse 45, 56322 Spay
Fon +49 2628 8741
www.weingut-matthiasmueller.de

Erhältlich bei:
www.rieslingco.ch

SPAY
WEINGART
FLORIAN UND ULRIKE WEINGART

Wenn einer etwas anders macht als üblich, fällt er auf. Und Florian Weingart fällt definitiv auf am Mittelrhein, seit er Mitte der Neunziger das Familienweingut übernahm. Spontane Vergärung, manchmal ein gezielter Anteil an edelfaulen Trauben oder eine lange Maischestandzeit gehören zum Prinzip, auch der Ausbau im Akazienholzfass wird dann und wann praktiziert. Ein bisschen Anarchie ist vor allem bei jenen Weinen zu spüren, die diesen Begriff auf dem Etikett tragen – etwa deshalb, weil sie unbeabsichtigt in der Gärung steckengeblieben sind. Doch der Süssegrad ist zweitrangig. Wichtiger ist für Weingart, beim Riesling wie beim Spätburgunder, dass die Weine stimmig sind, vibrieren, Trinkfreude vermitteln. Befände sich dieses Gut nicht am Mittelrhein, sondern im Rheingau, lägen die Preise für derartige Spitzenleistungen wohl deutlich höher.

2016 RIESLING SPÄTLESE TROCKEN BOPPARDER HAMM ENGELSTEIN AM WEISSEN WACKE
Frisch wirkende, leicht unruhige Frucht, frische und getrocknete Kräuter, Mirabellen, pflanzliche Würze. Im Mund fest, würzig, straff, aber auch viel Substanz, vibrierend und nachhaltig.
17/20 trinken –2026

2018 RIESLING SPÄTLESE TROCKEN BOPPARDER HAMM ENGELSTEIN AM WEISSEN WACKE
Offene, mittelwarme Frucht, deutlich Kräuter, Melone, Mirabellen. Im Mund kompakt, den warmen, trockenen Jahrgang widerspiegelnd, saftig, mit vibrierender Säure und beachtlicher Länge, noch etwas Zeit brauchend, Potenzial für eine höhere Note.
17/20 2022–2028

2013 RIESLING SPÄTLESE BOPPARDER HAMM OHLENBERG
Offene, überraschend jugendlich wirkender Wein, Noten von Elstar-Apfel, auch etwas Apfelchutney und Gewürze, merklich cremig. Im Mund deutlich süss, saftige Art, tiefgründig, Schmelz mit der typischen Säure des Jahrgangs, lang, macht viel Spass.
17/20 trinken –2026

Weingut Weingart
Florian und Ulrike Weingart
Peterspay 1, 56322 Spay
Fon +49 2628 8735
www.weingut-weingart.de

Erhältlich bei:
www.rieslingco.ch

REMAGEN
JOSTEN & KLEIN
MARC JOSTEN

Wo der Rheingau endet, wo der Rhein nach Norden abbiegt, geht es gemächlich zu. Obwohl die Region teilweise als Weltkulturerbe eingestuft ist, fielen in den vergangenen Jahrzehnten viele Rebflächen brach; nur wenige Winzer zeigen höchste Ambitionen. Und reist man gar über Koblenz hinweg in Richtung Bonn, trifft man eher auf einfache, mit hohen Hektarenerträgen geerntete Weine für den schnellen touristischen Genuss. Doch Marc Josten steuert gegen und tut dies dort, wo sich die Anbaugebiete Ahr und Mittelrhein begegnen – in Remagen. Sein Weingut wurde 2011 unter dem Namen Josten & Klein gegründet, wird mittlerweile von ihm allein geführt. Während Josten an der Ahr Spät- und Frühburgunder anbaut, setzt er direkt am Rhein auf Riesling und Sauvignon blanc.

2015 SAUVIGNON BLANC TROCKEN GARTENLAY RESERVE
24 Monate in neuen Barriques ausgebaut
Unfiltriert abgefüllt

Offene, reife Frucht, merklich, aber nicht unangenehm vom Holz geprägt, etwas Vanille, gelbe Früchte, Maracuja, Hauch Ananas, mit etwas Luft leicht cremig. Zupackender, würziger, kraftvoller Wein, Reife des Jahrgangs deutlich spürbar, würzig, saftige Art, animierende Säure, sehr gelungener Barriqueausbau.
18/20 trinken –2025

2016 SAUVIGNON BLANC TROCKEN GLANZSTÜCK
18 Monate in gebrauchten Barriques ausgebaut
Kühle, jahrgangstypische Aromatik, erst verhalten, Noten von Johannisbeerblättern, Stachelbeeren, Kräuter, Tabak und Rauch. Im Mund straff, würzig, saftig, feste Struktur und Tiefgang, leichte Mineralik im langen Nachhall.
18/20 trinken –2024

Weingut Josten & Klein GmbH
Marc Josten und Torsten Klein
Ringofenstrasse 3, 53424 Remagen-Kripp
Fon +49 2643 902550
www.josten-klein.com

Erhältlich bei:
www.selection-widmer.ch

RHEIN – SCHWEIZ

RHEIN – BADEN

RHEIN – ELSASS

RHEIN – RHEINGAU