Experten zu engagieren, war für Nicolas Haeni von Anfang an eine Selbstverständlichkeit. Der Schweizer, Eigentümer der Domaine Malmont, dachte niemals daran, sich mit Notlösungen zu begnügen. Jene Terrassen, die er vor mehr als einem Jahrzehnt hat anlegen lassen, auf dem Malmont, dem schlechten, lange nur von Bäumen bewachsenen Berg, haben einen exakten Neigungswinkel. Immer wie­der wurde gemessen, mit der Hilfe eines Lasers, nichts dem Zufall überlassen. Wen das an Mas Martinet erinnert, den berühmten Cru aus dem spanischen Priorat, an José Luis Pérez und dessen Methode der Terrassierung, liegt richtig. Genau drei Prozent Gefälle sind es heute auf den zum Berg hin geneigten Flächen, perfekt, um das Wasser erst gegen den Hangrücken zu führen und dann ablaufen zu lassen. Praktisch für die Bearbeitung ist diese Methode der Weinbergsgestaltung ohnehin, denn mit dem Traktor kommt man gut rein. Und auch bei der Schichtung des Bodens machte man es sich nicht leicht. Es wurde nicht ein­fach Erde verschoben, wie sie gerade herumlag, das spezialisierte Team achtete darauf, dass oben genug Mutterboden vorhanden war. Das Ganze war übrigens Teil des von der EU unterstützten Life Priorat Project und ist schon aus diesem Grunde eine Attraktion in Südfrankreich.

Die Weinberggestaltung und Terrassierung von 2005 erinnert an Mas Martinet und José Luis Pérez’ Methode im spanischen Priorat

Das historische Gerede vom schlechten Berg sollte man übrigens durchaus ernst nehmen, auch wenn sich die Bewertung, was als gut, was als schlecht zu gelten habe, mit der Zeit und der Einstellung geändert hat. Aus der Sicht des Weinbauern des Mittelalters, der keine Maschinen zur Verfügung hatte, auf Traktoren und Bagger verzichten musste, dürfte das anders ausgesehen haben. Man kann sich bildlich vorstellen, wie da einer geflucht hat, vor Jahrhun­derten, wenn er mit der Hacke ans Werk gehen musste. Einfach ist es auch heute nicht, die Böden sind immer noch steinig, dazu steil und karg, doch die Sache lohnt sich. Wussten schon die Eltern von Nicolas Haeni, mit denen er 1990 nach Frankreich auswanderte. Aufge­wachsen in Urdorf bei Zürich, sah sich der junge Nicolas plötzlich mit einer anderen Welt konfrontiert. Die Mutter managte nun kurzerhand ein Hotel samt Restaurant, der Vater war als Virologe bekannt und interessierte sich für Wein. Doch 2012 ging dieses Kapitel zu Ende, die Domaine mit ihren rund 20 Hektaren Reben wurde verkauft. Für Nicolas Haeni aber war klar, dass er bleiben, dass er neu und klein weitermachen wollte. «Ein Ein­-Mann­Betrieb.» Schon 2013 wurden die ersten Weine aus der Domaine Viticole Malmont gekeltert.

Nicolas Haeni vor dem Eingang seiner Domaine Malmont in Südfrankreich.

Das mit dem Ein-­Mann­-Betrieb ist mittlerweile aller­dings zu relativieren, Haeni hat einen Freund als Teilzeit­mitarbeiter angestellt, kümmert sich selbst dagegen nicht nur um die Weinbereitung, sondern auch um die Vermarktung. Und um die Erklärung seiner Prinzipien. Öko­logisch zertifiziert ist die Domaine nicht, arbeitet aber nachhaltiger als viele andere Betriebe an der Rhone. «Mein Ziel ist es, einen lebendigen Boden zu haben», sagt der Winzer, der auch seiner als Schauspielerin arbei­tenden Frau wegen einen grossen Teil seiner Zeit in Bern verbringt. Um Bodenernährung macht er sich Gedanken, um Spurenelemente. Um das Bor etwa, ein von den meis­ten Winzern wenig oder gar nicht beachtetes Element, das die Reben benötigen, um Kali zu assimilieren. Haenis deutscher Berater, ein Pfälzer mit eigenem Weinbau und Klienten in zahlreichen Ländern, gibt Tipps, wie man noch konsequenter, noch natürlicher, sehr ökologisch arbeiten kann.

Was den Keller angeht, den Stil der Weine, weiss Haeni allerdings selbst, was er im Grunde will und was nicht. Keine breiten, holzbetonten, üppigen Rotweine voller Alkohol und Power. Überreif geerntete Trauben sind nicht sein Ziel und im Übrigen auch kaum eine reale Option in dieser Lage. Bei 300 Metern Höhe beginnen seine Reben, bis auf 360 Meter geht es hinauf. Frische bleibt fast automatisch erhalten, sogar in heissen Jahren wie 2015. Was nicht bedeutet, dass es nicht deutlich schmeckbare Unterschiede gäbe zwischen den Ernten. In den beiden letzten abgefüllten Jahrgängen ist dies beson­ders deutlich zu erkennen. Die 2016er erweisen sich als frisch und würzig, besitzen die feinste denkbare Säure. Nicht automatisch denkt man bei ihrer Verkostung an die südliche Rhone, ordnet sie vielmehr weiter nördlich ein. Mehr Kraft und Fülle besitzen die 2015er, aber auch hier ist keine Spur von Mächtigkeit zu erkennen. Während die 15er eher von Grenache geprägt sind, ist in den 16ern mehr Syrah vorhanden. Den roten Faden indes, den findet man bei der Verkostung schnell, denn die Frucht ist da, die Finesse präsent, das Tannin im Hintergrund und nie­mals trocknend. Und obwohl sie schon jetzt zugänglich wirken, besitzen alle Malmont­-Weine doch noch eine Menge Potenzial.

So sorgfältig Nicolas Haeni in seinen Terrassen ar­beitet, so präzise ist er im Keller. «Alle Weine werden spontan vergoren», sagt der Nachwuchswinzer, der im Gespräch wirkt, als erledige er den Job schon seit Jahrzehn­ten. Die pH­-Werte machen diese Art der Fermentation hier schliesslich zum Kinderspiel. Schwefel setzt Nicolas Haeni zwar ein, als einzigen Zusatzstoff, weiss aber um die nega­tiven Auswirkungen allzu hoher Gaben, arbeitet erfolg­reich an einer Reduzierung. «Jedes Jahr verwende ich weniger Schwefel.» Und jedes Jahr scheint die Balance in den Weinen noch ein wenig gelungener als zuvor. Nicht nur in den Roten, die den Hauptteil der Produktion aus­ machen, sondern auch beim Rosé, der stets mehr sein soll als ein heller Apéro, und beim einzigen Weisswein. 100 Pro­zent Roussanne sind es bei diesem, nicht zu kalt vergoren, um die Aromatik ausgewogen zu halten, aus gesundem Lesegut, per Hand geerntet. Saftig ist der weisse 2017er, würzig auch, kombiniert Frucht mit Nachhaltigkeit. Ein schnell zu verstehender Wein, aber keiner, der Langeweile auslöst. In Séguret und Umgebung muss man eine Weile suchen, um ähnliche Frische zu entdecken. Auch wenn Nicolas Haeni etwas Viognier gepflanzt hat, soll sich am Stil des weissen Malmont nichts ändern. Den Neuzugang könnte er sich dagegen auch als Ergänzung der Rotwein­sorten vorstellen. Syrah und etwas Viogner, ein altes Rezept – keineswegs nur an der Rhone.

Und Grenache? Nie zu unterschätzen, auch wenn die Sorte ihre Tücken hat. Zur Oxidation neige sie, sagt Haeni, der hier immer ganz besonders genau schaut und misst und dann entscheidet, der Grenachetrauben zu unterschiedlichen Reifepunkten erntet, einen Teil mit den Stielen vergärt, einen Teil ohne. Ähnlich sorgsam geht es zu beim Einsatz des Holzes. Der rote Basiswein reift ausschliesslich im Stahltank, was seinem Charakter zugutekommt. Frisch ist er, fruchtig, aber die Gerbstoffe der Maischegärung – sie dauert etwa zwei bis zwei­ einhalb Wochen – sorgen gleichwohl für Struktur. Har­monie auch beim Côtes du Rhône Villages, im grossen Holzbehälter vergoren und ausgebaut. Die Spitzencuvée Beaux Grains wiederum wurde 2015 in mikroskopischer Stückzahl von einigen hundert Flaschen erzeugt, präsen­tiert sich kraftvoll, leicht schokoladig in der Nase, fest und strukturiert: ein Wein, der sich merklich unterschei­det vom Stil des übrigen Sortiments. Gut möglich, dass diese Malmont­-Prestigeabfüllung einfach nur zusätz­liche Reifezeit benötigt, um sich zur vollen Finesse zu entfalten.

Die drei «Kerle» auf dem Bild, sagt Nicolas Haeni, sind mein Vater Alfred, mein Sohn Nathanaël und ich.


Bis es so weit ist, kann man ja in den guten Restau­rants der südlichen Rhone einkehren, wird da und dort auch Malmont­-Wein auf der Karte finden und im «Bistro du’O» in Vaison-­la-­Romaine einen Küchenchef, der einst sein erstes Praktikum in der Küche von Nicolas’ Mutter absolvierte. Womit sich der Kreis des französisch­schwei­zerischen Abenteuers fast drei Jahrzehnte nach dessen Beginn geschlossen hat. An zusätzliche Wagnisse denkt Haeni nicht. Sind die noch vorhandenen Freiflächen voll­ständig bepflanzt, umfasst die Domaine Malmont fünf Hektaren Reben. Viel grösser wolle er nicht werden, sagt der Chef. Als quasi Ein­-Mann-­Betrieb mit derartigen Am­bitionen dürfte das Weingut schliesslich auch in Zukunft bestens funktionieren.

SHORT FACTS MALMONT
ADRESSE
Route de Vaison 585, F-­84110 Sablet
FON +33 622 825 504
INTERNET www.malmont.fr
INHABER Nicolas Haeni
KELLERMEISTER Nicolas Haeni
GRÜNDUNG 2012
ERSTER JAHRGANG 2013
REBLAND 4 Hektaren in Produktion plus 0,5 Hektaren Junganlage
PRODUKTION 12000 bis 15 000 Flaschen
REBSORTEN IN PRODUKTION Roussanne, Syrah, Grenache
REBSORTEN GEPLANZT Roussanne, Marsanne, Viognier (weiss), Grenache, Syrah (rot)

WEINE MALMONT