1 Wie muss man sich Ihren privaten Weinkeller vorstellen?

Seit 20 Jahren lebe ich auf dem Land in der Toskana. In Ghizzano in einem alten, restaurierten Haus mitten im Wald im Herzen unseres Anwesens, der Tenuta di Ghizzano. Bei der seinerzeitigen Restaurierung stand eine gewichtige Frage im Raum: Wohin kommt mein kleiner privater Weinkeller, wo ist der richtige Platz für meine Flaschen? Im Untergeschoss befand sich ein ehemaliger Schweinestall, und ich dachte damals gleich: «Das ist der perfekte Ort für meine Weine!» Wo früher Schweine sich zum Schlaf hinlegten, liegen jetzt meine gesammelten Weinflaschen. Es sind zwischen 400 und 500, alle nach Land und Appellation geordnet. In einem funktionalen Raum in sehr rustikalem Ambiente.

2 Wo kaufen Sie für sich persönlich Wein ein?

In den letzten 25 Jahren hauptsächlich auf meinen Weinreisen ins Burgund, Bordelais, Elsass, nach Deutschland und in die Wachau, nur wenige Flaschen bei Winzern im Napa Valley und Sonoma Valley. Dann bei meinem italienischen Vertriebshändler Sarzi Amade in Mailand, der auch feine Weine aus Frankreich, Österreich und der ganzen Welt importiert. Sowie bei befreundeten Weinhändlern oder direkt bei Produzenten.

3 Haben Sie gewisse Wein-Vorlieben?

Ja, sie haben sich in den letzten 15 Jahren aber leicht verändert. Früher mochte ich weder Weisswein noch Schaumwein besonders. Heute trinke ich jeden eleganten Wein mit gut eingebundener Säure, dominanter Frucht und feinem Abgang gerne. Und ich liebe … Champagner.

4 Welche Weine lassen Sie gerne links liegen?

Alle amerikanischen und australischen.

5 Welche Flasche Wein hat Sie im Jahr 2020 besonders berührt?

Es fällt mir schwer, nur eine einzige Flasche Wein zu nennen. Der Calon-Ségur 2005 gehört sicher dazu und der komplexe Gevrey­ Chambertin 1er Cru von Denis Mortet. Der Barolo Brunate Le Coste 2004 von Giuseppe Rinaldi, ein grosser Wein, der bestens zu einem guten Steak passt. Dann ein unerhört frischer deutscher Riesling, von Joh. Jos. Prüm, der 2016er Bernkasteler Badstube Kabinett.

6 Welches Weingebiet hat ursprünglich Ihre Liebe zum Wein geweckt?

Das Burgund. Eine meiner ersten echten Weinreisen führte mich 1998 dorthin, zum Weinevent «Les grands jours de Bourgogne». Ich verliebte mich gleich in die Region und ihre Weine dort.

7 Gibt es im Restaurant eine Schmerzgrenze, was den Preis einer Flasche Wein betrifft?

Wenn der Wein seinen Preis wert ist, gibt es kein Limit.

8 Was ist Ihr bestes Smalltalk-Thema in Sachen Wein?

Seit 2007 bewirtschaften wir die Tenuta di Ghizzano biodynamisch. Deshalb ist die Biodynamik ein Lieblingsthema von mir, ihr Sinn und Wert, wie sie sich direkt auf die Qualität des Weins auswirkt. Die Biodynamik ist eine Lebensphilosophie, bei der alle Efforts und Aktivitäten darauf zielen, die Kräfte der Natur zu beobachten, ihre Auswirkungen auf das Ökosystem, das Produkt selber. Nach 13 Jahren biodynamischer Bewirtschaftung unserer Weingärten zeigt sich das Resultat im Glas: Die Weine sind klarer, lebhafter und schöner zu trinken. Ich versuche laufend, diese Philosophie anderen Menschen zu vermitteln. Damit Weinliebhaber, auch andere Winzer, den Unterschied zwischen biodynamischen und industriell herge­ stellten Weinen spüren, erfahren können.

9 Tragen Sie eine Uhr?

Nein.

10 Mit welchem Menschen würde Sie gerne in aller Ruhe einmal ein Glas Wein trinken?

Mit mir selbst, sobald ich zwischen 19 und 20 Uhr nach Hause komme. Mit guten Freunden, die Wein lieben und zu schätzen wissen.

11 Verwenden Sie privat verschiedene Gläser? Je nach Wein?

Nein, in der Regel nicht. Seit fünf Jahren verwende ich das wunderbare «Royal Glass», entstanden aufgrund psychosensorischer und bioenergetischer Forschungen. Bei der Entwicklung ging
es unter anderem um die Zusammenhänge beim Degustieren, um Empfindungen, die bei der erschöpfenden Verkostung jeder Art von Wein entstehen. Bei besonderen Gelegenheiten verwende ich aber auch grössere Gläser. Von Zalto oder Riedel. Die das Bouquet besser zur Geltung bringen und eine schnellere Sauerstoffzufuhr bei reifen Rotweinen ermöglichen.

12 Haben Sie einen Hauswein?

Ja, meinen Il Ghizzano rosso Costa Toscana, einen saftigen, fruchtbetonten Sangiovese, der sehr gut zu jedem Gericht und zu jeder Tageszeit passt.

13 Rauchen Sie?

Leider ja. Und die Zigarette nach einem Glas Wein mag ich sehr.

14 Sind Sie musikalisch? Gehören für Sie Musik und Wein zusammen? Gibt es zwischen Gehör- und Geschmackssinn eine Verbindung, eine Beziehung

Ja, unbedingt. Musik und Wein bilden eine perfekte Mariage. Das schöne Gefühl, welches mir Musik schenken kann, gibt es gleicher­ massen auch beim Trinken eines guten Weins. Bei jeder Art von guter Musik, bei jeder Art von gutem Wein. Geniessen Sie mal ein Glas Gevrey­-Chambertin eines guten Winzers aus dem Burgund und hören Sie dazu das Jazzalbum «Tutu» des Trompeters Miles Davis – Sie werden begeistert und von tiefen Gefühlen gefangen sein.

15 Welche Webseiten mit Bezug zum Wein, welche Blogs lesen Sie

Hauptsächlich www.winenews.it und www.jancisrobinson.com. Hin und wieder, aber immer weniger, lande ich eher zufällig bei italienischen oder amerikanischen Blogs.

16 Sind Sie eher ein Sammler-Typ?

Nein, ich bin eine Wein­Geniesserin, trinke liebend gerne Wein.

17 Verbringen Sie Ferien am liebsten in Weingebieten?

Ich liebe das Reisen. Gleich, wohin. Deshalb bin ich seit ein paar Monaten ziemlich frustiert und verärgert. Aber eine Reise muss nicht vorrangig eine Weinregion als Ziel haben, auch wenn ich das gleichwohl seit vielen Jahren tue.

18 Welche Schweizer Weinregion ist Ihnen die liebste?

Für die Vielfalt der Landschaft und die vielen Wein­kellereien: die Toskana. Für die Besonderheit des Bodens und des Mikroklimas: das Gebiet um den Ätna in Sizilien. Für den Nebbiolo, nicht nur den Barolo: das Piemont.

19 Legen Sie zwischendurch Weinpausen ein, trinken gar keinen Schluck Wein?

Hin und wieder, vielleicht zweimal im Jahr. Dann jeweils eine Woche. Aber ein gutes Glas Wein ist eine schöne Art, am Ende des Tages zur Ruhe zu kommen.

20 Mit welcher Flasche Wein kann man Ihnen zum Jahreswechsel eine besondere Freude machen?

Mit einem Clos de la Roche von Armand Rousseau.

www.tenutadighizzano.com

www.caratello.ch