Die alte Römerbrücke in Cheleiros ist das Emblem des Weingutes von André Manz und seiner Familie. Im Jahr 2004 waren sie hergekommen, ins 20 Minuten von Lissabon entfernte Dörfchen. Anfänglich kelterten sie die autochthone Sorte Jampal lediglich für den Hausgebrauch.

Häufig wird die zunehmende Gleichförmigkeit der heu­tigen Weinproduktion beklagt, welche weniger Vielfalt aufweise im Vergleich zu früher. Auch wenn richtig ist, dass fast überall, wo die Klimabedingungen es erlauben, Sorten wie Chardonnay, Sauvignon blanc, Cabernet Sau­ vignon, Merlot, Syrah und Pinot noir angebaut werden, findet man im weltweiten Angebot Sorten, von denen vor zwanzig Jahren noch kaum jemand gehört hat.

Eine riesige Vielfalt im Anbau einheimischer, so­ genannt autochthoner Rebsorten weist Portugal auf, ein Land, das sich erst in den letzten zwanzig Jahren mit Spitzenweinen auf der weltweiten Bühne des Weins etab­liert hat. In Portugal finden sich über 250 verschiedene autochthone Rebsorten.
Wenn es um herausragende Spitzenweine geht, hat Portugal weit mehr als nur die meist auf Touriga nacional basierenden Rotweine aus dem Dourotal und die Vinho­-Verde­-Weissweine aus Alvarinho zu bieten. Eine kürzlich von Vini Portugal in Zürich durchgeführte Präsentation hat dies eindrücklich unter Beweis gestellt.

Portugal
hat sich erst in den letzten 20 Jahren mit Spitzenweinen auf der weltweiten Bühne des Weins etabliert

Die Familientradition hochhaltend, keltert Domingos Alves de Sousa in fünfter Generation Wein im Douro. Schon zweimal ist er vom wichtigsten Weinmagazin Portugals (Revista de Vinhos) zum Winzer des Jahres gewählt worden. Gaivosa ist eine von sechs Quintas von Alves de Sousa. (Foto: Ricardo Palma Veiga)
Gaivosa ist eine von sechs Quintas von Alves de Sousa. (Foto: Fernando Guerra)

Die in ihrer Stilistik sehr unterschiedlichen vorge­stellten Weissweine waren qualitativ teils interessant, teils hervorragend. Gemeinsam haben sie – ausser der nur auf gut dreissig Hektaren angebauten Jampal –, dass sie im Handel für unter zehn Euro zu finden sind und damit herausragende Weinwerte bieten.

Das Ursprungsgebiet des Vinho Verde ist beispielhaft für die Vielfalt an Rebsorten. Das Grün bezieht sich übri­gens nicht auf die Farbe des Weines, weil dort auch Rosé­ und Rotwein produziert wird, sondern auf die grasgrüne Landschaft der ganz im Nordwesten Portugals gelegenen Minho­Region. Alvarinho ist international die bekannteste der fast zwanzig für den Vinho Verde erlaubten Sorten. Viele andere werden auch dafür eingesetzt, sind aber als reinsortige Weissweine kaum bekannt. Die hier beschriebe­nen Loureiro, Avesso und Azal können aber hervorragend sein, wie die Degustation gezeigt hat.

Die vorgestellten Rotweine waren allesamt qualitativ hervorragend. Mit Ausnahme der Alicante Bouschet handelt es sich bei allen um autochthone Rebsorten. Diese einzige Ausnahme wurde präsentiert, weil sie in keinem anderen Weinbauland eine solche Bedeutung aufweist wie in Por­tugal, wo sie mehrheitlich im Alentejo charakteristische, fruchtbetonte Rotweine ergibt.

Immer zu einem Spass aufgelegt: Paulo Laureano. Seit über 20 Jahren zählt er zu den gefragtesten Weinberatern im Alentejo. In Vidigueira produziert er eigene Weine – besonders angetan hat es ihm die rote Sorte Tinta grossa. (Foto: Jorge Simão)


Portugals Vielfalt in der Weinproduktion machen aber auch die Weinproduzenten aus. Ein Beispiel dafür ist Paulo Laureano, seit über zwei Jahrzehnten der gefragteste Berater von Weinbaubetrieben im Alentejo. In Vidigueira, einem Weinbauzentrum dieser Region, produziert er in seinem Namen mehr als ein Dutzend hervorragende Weiss­ und Rotweine. Ihm hat es besonders die rote Sorte Tinta grossa angetan, von der man annimmt, die Römer hätten sie nach Portugal gebracht.

Die bemerkenswerteste Persönlichkeit war aber Baron Bodo von Bruemmer. Sein schillernder Lebenslauf könnte Vorlage für einen Spielfilm sein. Der im Baltikum geborene Deutsche floh mit seiner Familie während der russischen Revolution und verbrachte seine berufliche Laufbahn zum grössten Teil in der Schweiz als Bankier. 1962 kaufte er die Quinta Casal Sta. Maria im historischen Colares­-Gebiet unweit von Lissabon, wo auf sandigen Böden heute noch ausschliesslich wurzelechte Rebstöcke gedeihen und monu­mentale, extrem lagerfähige Rotweine hervorbringen. Zuerst nutzte er das Anwesen zusammen mit seiner Ehe­frau für die Aufzucht von Araber­Hengsten, erst nach ihrem Tod pflanzte er dort Reben. Im November 2016 starb er 106­jährig, nicht ohne sich vorher mit seinem reinsortigen Colares aus der autochthonen Rebsorte Ramisco in der internationalen Weinwelt verewigt zu haben.

Wer zunehmende Gleichförmigkeit des heutigen Weinangebots beklagt, sollte die hier vorgestellten Weine aus einheimischen Sorten Portugals probieren. Die Vielfalt der eigenständigen und charakteristischen Weiss­ und Rotweine ist begeisternd und bietet zumeist viel Wein­qualität für wenig Geld.

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