San Gimignano – die Stadt der Türme – ist nebst den Städten Florenz, Siena und Pisa das meistbesuchte Tou­ristenziel der Toskana. Selbst im oftmals kalten und grauen Winter herrscht hier Rummel. Der mittelalter­liche Kern San Gimignanos zählt seit 1990 zum Unesco­ Weltkulturerbe. Typisch sind die noch erhaltenen «Türme der Geschlechter». Durch sie versuchten sich die einheimischen Familien gegenseitig zu übertrumpfen. Von den einstmals 72 Türmen (für ein standesgemässes Leben schon damals ganz und gar unzweckmässig) exis­tieren heute noch 15, die beiden höchsten, der Torre Grossa und der Torre della Rognosa, ragen 54 beziehungs­weise 51 Meter in den Himmel. Man geht davon aus, dass der Hügel bereits um 300 vor Christus von den Etruskern besiedelt wurde. Der Ursprung der Stadt, wie wir sie heute kennen, geht auf das 10. Jahrhundert zurück. San Gimignano liegt an der Via Francigena, der Franken­strasse. Anfang des 14. Jahrhunderts hielt sich hier der Dichter Dante Alighieri in diplomatischer Mission auf. Er muss dort auch vom lokalen Wein getrunken haben, jedenfalls findet man in seiner göttlichen Komödie fol­gende Stelle: «… e purga per digiuno l’anguille di Bolsena e la Vernaccia.» Was so viel bedeutet wie: «… jetzt durch Fasten sich läutert von Aalen aus dem See von Bolsena und Vernaccia.»

Die besondere Bedeutung der Gewächse von San Gimignano, der Weissweininsel inmitten des toskanischen Rotweinmeers, lässt sich auch daran ablesen, dass seinem Vernaccia 1966 als erstem italienischem Weisswein der DOC-­Status zugesprochen wurde; mit dem Jahrgang 1993 folgte die Bezeichnung DOCG. Als Abgrenzung zur Annata schreibt das Reglement für die Riserva einen mindestens elfmonatigen Ausbau und drei weitere Monate Flaschenrei­fung vor. Der Anteil an Vernaccia-­Trauben muss mindestens 85 Prozent betragen, aromatische Komplementärsorten wie Traminer und Muscat sind explizit ausgeschlossen. Ein Vernaccia di San Gimignano zeichnet sich durch zurückhaltende Aromen aus, in den besten lässt sich Mineralität erahnen, und nicht selten endet er auf einer feinen Bitternote. Oft besonders ausdruckstark zeigen sich Gewächse, deren Reben auf Sandsteinwurzeln. Seine zarte Art und seine Süffigkeit machen ihn für den Barrique­ausbau ungeeignet.

Prinz Girolamo Strozzi, letzter männlicher Nachfahre der Strozzi-Dynastie, leitet heute zusammen mit Graf Robert Guicciardini das Weingut Guicciardini Strozzi mit seinen Ländereien (530 ha) und Weinbergen (70 ha).
(Foto: Alberto Novelli)

 

An der Anteprima 2018, im Museo d’Arte Moderna e Contemporanea Raffaele De Grada in der Altstadt, prä­sentierten die Winzer ihre jüngsten Vernaccia­-Jahrgänge, vor allem 2017er und 2016er. 2017 charakterisiert ein warmer und sonniger Frühling mit frühem Austrieb, ent­sprechend gross waren die Frostschäden Ende April. In den tiefen Lagen kam es zu Einbussen von bis zu 40 Pro­zent. Der heisse, trockene Sommer führte zu einer unge­wöhnlich frühen Ernte Ende August. Im Vergleich zum Vorjahr liegt der Ertrag um einen Viertel tiefer, die Qualität ist heterogen. Problemlos verlief hingegen der Vegetations­verlauf 2016, Ertrag und Qualität werden durchwegs als positiv eingestuft.

SHORT FACTS
ANTEPRIMA
VERNACCIA DI SAN GIMIGNANO

ORT Museo d’Arte Moderna e Contemporanea Raffaele De Grada, San Gimignano VERANSTALTER Consorzio della Denominazione San Gimignano
PRODUKTIONSFLÄCHE 720 Hektaren
MITGLIEDER 110
TEILNEHMENDE BETRIEBE 43
PRODUKTION durchschnittlich 5 Millionen Liter
ERTRAG 16 Millionen Euro
EXPORT 52 Prozent
WICHTIGSTER EXPORTMARKT USA (19%)
EXPORT SCHWEIZ 3,8%

WEINE SAN GIMIGNANO