Die Shiraztrauben des Jahrgangs 2020 sehen schon mal gut aus. Soeben wurden sie angeliefert ins Weingut De Toren, und Daniel R. Mueller schaut ganz genau hin. Der Schweizer, seit 2018 Mitinhaber des Weinguts, versteht sich nicht als im Hintergrund arbeitender Geldgeber, sondern ist aktiv am Geschehen beteiligt. Ein Geschehen, das die roten Rebsorten Cabernet Sauvignon, Cabernet franc, Malbec, Merlot und Petit Verdot umfasst, aber auch den Shiraz. Letzteren gibt es zwar nicht auf der Farm an der Polkadraai Road, er wächst anderswo in Stellenbosch, in Helderberg und in Swartland, und er soll eine Ausnahme bleiben. Vorgesehen ist er für einen der beiden hier erzeugten Super-Africans, von denen ja eh nur homöopathische Mengen auf den Markt kommen – zu Preisen, die einen schon mal leer schlucken lassen. Soll Wein vom Kap nicht eigentlich günstig zu haben sein? Günstiger als jener aus dem Bordelais?

Investmentbanker und neuer Mitinhaber von De Toren: Daniel R. Mueller versteht sich nicht als im Hintergrund arbeitender, sondern als aktiv am Geschehen beteiligter Geldgeber.


Doch Mueller, der Investmentbanker, der schon seit 1997 in Südafrika unterwegs ist, hat seine Vorstellungen. Gelernter Weinmacher ist er nicht, doch die Prinzipien des Trauben-Business sind ja nicht allzu verschieden von denen anderer Branchen. Mal abgesehen von den vielen Betrieben, denen es gar nicht in erster Linie um den Gewinn geht. Manche seien, so Daniel Mueller, defizitär, weil von vornherein als Liebhaberprojekte geplant. Reiche Investoren, die sich ein Weingut zulegen, um den lang gehegten Traum vom Winzerdasein in die reale Welt zu transferieren. Ein ehrenwerter Ansatz, aber nicht der, der hier verfolgt wird – spätestens seit zwei Jahren. Cédric N. Schweri, einem Enkel des legendären Denner-Doyens Karl Schweri, wurde das Weingut De Toren 2017 angeboten, woraufhin der in der südafrikanischen Szene bestens vernetzte Mueller ins Spiel kam. Als er hörte, um welchen Betrieb es ging, reagierte er verblüfft. «Ich habe gefragt, steht der wirklich zum Verkauf?»

Die Frage war berechtigt. De Toren war schliesslich eine Nummer am Kap, bald nach dem Kauf der Farm durch Emil und Sonette den Dulk im Jahr 1991. Anfang der 2000er galt der Bordeaux-Blend namens Fusion V, 1999 erstmals erzeugt, als einer der Hot Shots in der Szene; so mancher Weinjournalist liess sich zu höchster Euphorie hinreissen: So muss südafrikanischer Wein schmecken! De Toren hatte auch deshalb Erfolg, weil es sich auf eine klare Richtung konzentrierte. Fünf rote Rebsorten, kein Weisswein, keine Verzettelung. Unbelastet von Traditionen bis zurück zu den Gründern der Kapkolonie, die ja auch belastend sein können, startete das Team um Winemaker Albie Koch, von Anfang an verantwortlich für die Vergärung der Moste. Doch Spitzenpositionen zu halten, über Jahrzehnte hinweg, ist schwierig. Ausgezeichnet waren die Weine immer, doch die Konkurrenz holte im Lauf der Zeit auf. Mueller will gegensteuern. Sein Ziel sei es, unter die Top 5, wenn nicht gar unter die Top 3 zu kommen. Auf De Toren ist folglich vieles geplant. Das Manor House wird umgebaut, Empfang und Degustation sollen professionell und repräsentativ ablaufen, ein Amphorenexperiment ist in der Mache. Doch um reinen Zeitvertreib handelt es sich nicht. «Man kann mit Wein Geld verdienen», sagt Mueller, und er hat es von Anfang an gründlich angefasst. Nach den ersten Gesprächen in Südafrika Ende 2017, nach Erstellung des Konzepts und einem erfolgreichen Pitch gegen andere potenzielle Investoren, wurde Anfang 2018 eine Holding in der Schweiz gegründet. Eine solide Basis, die mit einem neuen Importeur untermauert wurde. Baur au Lac Vins kümmert sich nun um den Vertrieb der De-Toren-Weine, allen voran Z und Fusion V, die Klassiker. Der eine mehr nach dem Vorbild des rechten Bordelaiser Ufers mit einem hohen Anteil an Merlot vinifiziert, der andere mit mehr Cabernet Sauvignon zusammengestellt und an den Stil des linken Ufers erinnernd. Die 2016er können sich sehen lassen, besitzen Struktur und Würze, eine angenehm reife Frucht, zeigen gekonnten Tannineinsatz, aber ein paar Prozent Potenzial wird man da schon noch herauskitzeln können. Wie gut die Weine von De Toren schon immer reifen konnten, zeigt der 2012er Fusion V, vinifiziert nach bewährtem Rezept, zwölf Monate in zu 50 Prozent neuen Barriques aus französischer Eiche, ein ganz kleiner Teil amerikanischer Eiche dient als Gewürz. Merklich ist dann der Sprung zu den beiden Prestige-Rotweinen des Gutes, veritablen Super- Africans. Während der fast mythische Book XVII ebenfalls nach Bordelaiser Vorbild ausgebaut wurde, geht es beim The Black Lion, der zu 200 Prozent neues französisches Holz abbekommt und insgesamt 18 Monate in Barriques reift, um eine eigenständige Shiraz-Interpretation. Nicht mal 1500 Flaschen gab es vom letzteren aus dem Jahrgang 2017, weshalb sich der Preis von 299 Franken durchaus rechtfertigen lässt. Eine Rarität kann ja ruhig Geld kosten, zumal die Qualität nicht im Geringsten zu wünschen übrig lässt. Dass der Ruf des südafrikanischen Weins in der Schweiz in den vergangenen Jahren nicht in jedem Fall Höchstwerte erreichte, ist Mueller bewusst, für ihn aber eher Ansporn als Hindernis.

Charles Williams ist der Kellermeister des 1991 gegründeten Weinguts De Toren, das seit 2018 Schweizer Eigentümer hat.

Merklich ist der Sprung zu den beiden Prestige-Rotweinen des Gutes, dem fast mythischen «Book XVII» und dem «The Black Lion»

Daheim in Südafrika soll zwar an allen Enden gefeilt, aber nichts Dramatisches verändert werden. Wäre ja auch kaum möglich, die Produktion von Book XVII so einfach auszuweiten, beim Black Lion würde man vermutlich noch eher an Grenzen stossen. Viel mehr an erstklassigem Shiraz-Material ist schliesslich gar nicht zu kaufen. «Wir bleiben klein und fein», sagt Daniel Mueller. Selbst beim Zusatzgeschäft, das so viele südafrikanische Weingüter aufgebaut haben, will es De Toren nicht übertreiben. Ein Restaurant wird es auch in Zukunft nicht geben auf dem Weingut, allenfalls ein kleines Café. Um vielleicht noch ein bisschen länger mit dem neuen Schweizer Kapwinzer über Jahrgangsunterschiede und Rebsortenbesonderheiten zu diskutieren.

Der Name «De Toren» leitet sich vom Turm ab (toren auf Afrikaans).

Zur Erntezeit werden zusätzliche Contract-Worker engagiert: für den Weinberg, für die Traubenselektion am Sortierband.

Das Team von De Toren stösst auf eine erfolgreiche Zukunft an (von links nach rechts): Daniel R. Mueller (Managing Partner), Charles Williams (Kellermeister), Anja Bekker (Head of Marke- ting & Distribution) und Albie Koch (Winemaker und Managing Partner).


SHORT FACTS
DE TOREN
PRIVATE CELLAR

ADRESSE Polkadraai Road, Stellenbosch, Südafrika
FON +27 21 881 3119
INTERNET www.de-toren.com
INHABER Cédric N. Schweri, Daniel R. Mueller,
Albie C. Koch & Cape Estate AG
MANAGINGDIRECTOR Albie C. Koch & Daniel R. Mueller
KELLERMEISTER Charles Williams
GRÜNDUNG 1991
ÜBERNAHME 2018
REBLAND 21 ha
PRODUKTION 100 000 bis 120 000 Flaschen
REBSORTEN Cabernet Sauvignon, Malbec, Cabernet franc, Merlot, Petit Verdot, Shiraz (letztgenannte Sorte stammt nicht aus Eigenanbau)

Super-Africans aus Schweizer Hand: Vom Shiraz «The Black Lion» des Jahrgangs 2017 gibt es nicht mal 1500 Flaschen. Z und Fusion V sind De Torens «Bordeaux»-Klassiker, vinifiziert mit einem hohen Anteil an Merlot resp. Cabernet Sauvignon.


2016 Z
De Toren
Stellenbosch
54 % Merlot, 16 % Cabernet franc, 12 % Malbec, 12 % Cabernet Sauvignon,
6 % Petit Verdot

Klare, offene, aber zunächst etwas verhaltene Frucht, schwarze Kirschen, schwarze Beeren, vor allem Brombeeren, später auch Cassis. Im Mund frisch und zupackend, rassig, schöne Säure, eher kühler Nachhall, viel Spass machend, guter Nachhall.
17/20 trinken –2028

2016 FUSION V
De Toren
Stellenbosch
52 % Cabernet Sauvignon, 16 % Malbec, 14 % Cabernet franc, 11 % Merlot,
7 % Petit Verdot

Offene, reife, ganz leicht überreife Frucht, Zwetschgen, schwarze Kirschen, Vanille, Zedernholz, heller Tabak und Piment. Im Mund eher klassisch elegant als zupackend, mürbe Tannine, dunkle Frucht, fester, langer Nachhall.
18/20 2021–2029

2012 FUSION V
De Toren
Stellenbosch
56 % Cabernet Sauvignon, 15 % Malbec, 10 % Merlot, 10 % Cabernet franc,
9 % Petit Verdot

Reife, aber nicht überreife Frucht, Cassis, Zwetschgen, schwarze Kirschen, Hauch Zedernholz, aber auch eine würzige und leicht florale Aromatik. Im Mund noch fest, mürbe Tannine, kompakte dunkle Frucht in der Mitte, dann ein würziger, beachtlich langer Nachhall, jetzt sehr schön zu trinken. 18/20 trinken –2023

2017 THE BLACK LION
De Toren
Stellenbosch
100 % Shiraz
Klare, offene, jugendliche Nase, dunkle Zwetschgen, schwarze Kirschen, Brombeeren, ein Hauch Schokotrüffel, getrocknete Blaubeeren, später auch Zimtblüten. Massiver, dichter Wein mit zupackender Frucht, feste, reife Tannine, deutlich Alkohol, gut ins Gesamtbild integriert, saftig und lang, Potenzial für eine höhere Note.
18/20 2022–2032

www.de-toren.com

Erhältlich bei:
Baur au Lac Vins
www.bauraulacvins.ch