Noch im 19. Jahrhundert galt die weisse Sorte als delikat und der Wein so fein wie Moscato. Nun entdecken immer mehr Winzer ihre Vorzüge neu. Vor allem in der Gemeinde Novello gewinnt Nascetta an Terrain. Seit 2010 tragen die Abfüllungen den Zusatz «Comune di Novello».

Im Kompendium «Wine Grapes, a complete guide to 1368 vine varieties» reiht sich Nascetta zwischen der türkischen Sorte Narince und der sardischen Sorte Nasco ein. Die Autoren – Jancis Robinson, Julia Harding und José Vouillamoz – wissen darüber nur wenig zu berichten. «Nascetta ist eine rare Varietät aus den Langhe. Im 19. Jahrhundert wird sie als Qualitätstraube erstmals schriftlich erwähnt. Sie war vor allem zwischen Alba und Mondoví verbreitet und wurde oft mit Vermentino und Moscato bianco verschnitten.»

Erst in den 1990er-Jahren erinnerte man sich ihrer. Elvio Cogno, damals schon bekannter Barolo-Produzent, kelterte Nascetta 1994 in Kleinstmenge reinsortig. Das Resultat gefiel ihm und fand auch das Interesse befreundeter Winzer, und so vergrösserte sich in den Langhe die Anbaufläche auf heute rund 20 Hektaren und die Jahresproduktion auf geschätzte 70000 Flaschen – ein Klacks gemessen an Cortese (Gavi) oder Moscato, den verbreitetsten piemontesischen Weisssweinsorten.

Der Schwerpunkt der Produktion, rund 12 Hektaren, liegt in der Gemeinde Novello in der Provinz Cuneo. Seit 2010 werden die hier angebauten Gewächse als «Nas-cëtta del Comune di Novello» in den Handel gebracht.

«Wenn die Produktion eines perfekten Weines bedeutet, einen Standardwein zu erzeugen, dann wollen wir keine perfekten Weine machen», sagt Valter Fissore, Elvio Cognos Schwiegersohn. Fissore führt zusammen mit seiner Frau Nadia Cogno den Betrieb weiter, den Elio Cogno 1980 erwerben konnte. Bis zu diesem Zeitpunkt war Cogno für das renommierte Weingut Marcarini in La Morra verantwortlich. Dann konnte er ein prächtiges Herrenhaus in seiner Heimatgemeinde Novello erwerben; es thront auf der Krete des Bricco Ravera, aus dem begehrte Barolos stammen. «Das Burgund, das ist Emotion, Warmherzigkeit, Finesse, feinkörnige Textur, Eleganz, Länge», sagt Valter Fissore. «Was die Leute heute suchen, ist Identität – nicht nur im Wein.» Dazu passt ein Nascetta wie Trüffel aufs Ei. Fissore nennt ihn Anas-Cëtta, verbreiteter ist die Schreibweise Nas-Cëtta. So findet man sie auch bei Autoren wie Giuseppe di Rovasenda und Lorenzo Fantini. Der Rebsorten- sammler Conte Giuseppe di Rovasenda (1824–1913) stufte sie als delikate Sorte ein, die einen hervorragenden Wein ergebe, und Fantini schrieb ihr in der 1895 erschienenen «Monografia sulla viticoltura ed enologia nella provincia di Cuneo» eine Feinheit zu, die dem Moscato gleichkomme. Der aktuelle Forschungsstand ist, dass Nascetta eine autochthone Rebsorte des Hügelgebiets um Alba ist und eine entfernte Verwandtschaft zum Grò blanc hat, einer im Val di Susa beheimateten Sorte.

Aus Nascetta entstehen keine Standardweine, da braucht sich Valter Fissore nicht zu sorgen. Die Verkostung eines halben Dutzends bereits gereifter Abfüllungen zeigt eine enorme Heterogenität. Das hat einerseits mit den Vorlieben der Winzer zu tun, andererseits mit der Unerfahrenheit im Umgang mit einer erst wiederentdecken Varietät. Sie wird den halbaromatischen Weissweinsorten zugerechnet, und gewiss muss es Ziel des Ausbaus sein, die frisch-fruchtige Aromenvielfalt ins Glas zu bringen. Dabei soll eine kalte Maischestandzeit dienen, sie kann von einigen Stunden bis zu ein paar Tagen dauern. Nach dem Abpressen vergärt und reift der Wein meist im Stahltank auf der Feinhefe und wird in der Regel im auf der Ernte folgenden Frühling abgefüllt. Dank einer die Struktur unterstützenden Säure vermag Nascetta in der Flasche gut zu reifen. Die Fruchtaromen treten mit zunehmendem Alter in den Hintergrund, während sich mineralische, mitunter salzige Noten akzentuieren.

2013 ANAS-CËTTA DEL COMUNE DI NOVELLO
Cogno
Novello
2 Hektaren
350 m ü. M.,
4000 Reben pro Hektare
6 Monate Ausbau im Stahltank
Mittleres Gelb. Intensives, florales Bouquet, reife Bee­rigkeit. Dichter, straffer An­trunk, reife Säure, Salzigkeit, würziges, langes Finale. Ein charaktervoller Weisswein.
17/20 trinken –2020

www.elviocogno.com

Erhältlich bei:
Martel
Poststrasse 11, 9001 St. Gallen
Fon 071 226 94 00
Martel am Bellevue
Rämistrass 14, 8001 Zürich
Fon 044 212 00 46
www.martel.ch

Divo
Route du Tir­-Fédéral 18, 1762 Givisiez
Fon 021 863 22 70
www.divo.ch

2013 NAS-CËTTA DEL COMUNE DI NOVELLO
Strette
Novello
Langsame, kühle Vergärung
Ausbau im Stahltankausbau
Erster Jahrgang: 1999
Mittleres Gelb. Verhalten, reife Fruchtnoten, Zitrus. Frischer Antrunk, reife Beerigkeit, strukturierende Bitternote im Mittelteil, langes, warmes Finale. Ein vielschichtiger Weisswein.
16/20 trinken –2019

www.lestrette.com

Erhältlich bei:
Heinz Malli
3083 Trimstein
www.enzoteca.ch

2013 NAS-CËTTA GHERCINA DEL COMUNE DI NOVELLO
Cantine San Silvestro
Novello
Trauben aus einer Parzelle beim kleinen See Ghercina
Helles Gelb. Florales, fruchtiges Bouquet, exo­tische Früchte, Agrumen. Schlanker, nerviger Antrunk, Grapefruitnote, leichte Salzigkeit, frisches, angenehm tro­ckenes Finale. Ein süffiger Weisswein.
15/20 trinken –2018

2013 NAS-CËTTA GIUANA DEL COMUNE DI NOVELLO
Vietto
Novello
Vergärung mit Reinzuchthefen bei 18 Grad Celsius
6 Monate Ausbau im Stahltank
Gereiftes Gelb. Intensives Bouquet, Birnennote, offen. Mittlere Fülle, süsssaurer Mittelteil, Agrumen, mittel­ langes Finale. Ein kräftiger Weisswein.
15/20 trinken –2019

2013 NAS-CËTTA DEL COMUNE DI NOVELLO
Marenco
Novello
Mittleres Gelb. Dezentes Bouquet, reife Beerigkeit. Breiter Antrunk, leicht bitter im Mittelteil. Warmes, füllig wirkendes Finale. Ein rustikaler Weisswein.
14/20 trinken

2013 NAS-CËTTA DEL COMUNE DI NOVELLO
Stra
Novello
Kaltmazeration;
Vergärung bei 14 Grad Celsius
6 Monate Ausbau im Stahltank
Helles Gelb. Verhaltene Nase, reife Beerennote. Im Antrunk breit, Tannin­ struktur, gereifte Noten, Agrumennoten im Finale. Ein rustikaler Weisswein.
15/20 trinken

www.aziendaagricolastra.it

Erhältlich bei:
Rosmarie Meier Weinimport
Eichgutweg 23, 3053 Münchenbuchsee
Fon 031 869 37 49
www.meiervini.ch