Der weinaffine Schweizer Unternehmer Denz, der vor 15 Jahren die Weingü­ter Château Péby­Faugères, Château Faugères und Château Cap de Faugères im Bordelais erworben hat, verrät kein Geheimnis, wenn er beiläufig erwähnt: «Ohne Stephan wäre ich heute nicht in Saint­-Emilion.»

Es war Stephan Graf von Neipperg mit seinem Näschen für Wein­güter mit Perspektive, der seinem Freund Silvio Denz zum Kauf von Château Faugères riet. Die Ausgangsposition war nicht unähnlich jener der Neippergs vor 50 Jahren, als Stephan Neippergs Vater Joseph­-Hubert in Saint­-Emilion Château Canon la Gaffelière, Château La Mondotte, Clos de l’Oratoire und Château Peyreau 1971 übernahm.

STEPHAN GRAF VON NEIPPERG, 1957 GEBOREN, UND SILVIO DENZ, JAHRGANG 1956, HABEN SICH NICHT IN EINER WEINGEGEND BEI EINEM GLAS WEIN KENNEN-GELERNT, SONDERN IN DEN SCHWEIZER BERGEN. IM BÜNDNERLAND, IM HOTEL «KULM» IN AROSA.

In der Weinwelt gehören Silvio Denz und Stephan Graf von Neipperg zu den interessanten Figuren. In St­-Emilion und im Bordelais sowieso, aber auch ausserhalb Frankreichs. Stephan Graf von Neipperg ist seit fünf Jahren in Südafrika Teilhaber des Weinguts Capaia nahe Durban­ville. Bereits seit 20 Jahren engagiert er sich bei der Bessa Valley Winery in Bulgarien, in der Region Pasardschik 120 Kilometer südöstlich von Sofia. Silvio Denz hält in der Toskana in der südlichen Maremma seit 2007 eine massgebliche Beteiligung am Weingut Montepeloso von Fabio Chiarelotto. Seiner Lalique Group (die Kristallmanufaktur Lalique über­ nahm Denz 2008) gehören 50 Prozent an Schottlands ältester Single­-Malt­-Destillerie The Glenturret in den Higlands, seit 2019

Im Bordelais selbst sind die Vignobles Denz in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Mit Jahrgang 2009 nahm die neue Kellerei von Château Faugères, ein spektakulärer Bau des Tessiner Architekten Mario Botta, ihren Betrieb auf. Mit dem Dänen Peter Sisseck, dessen spanischer Pingus Weltruf geniesst, übernahm Silvio Denz 2010 Château Rocheyron bei Saint-­Christophe­des­-Bardes, ein Gut von gut 7 Hektaren, bestockt mit Merlot (70 %) und Cabernet franc (30 %). 2014 erweiterte Denz sein Bordeaux­-Portfolio um einen der besten und ältesten Sauternes­-Erzeuger, Château Lafaurie­-Peyraguey, einen Premier Grand Cru Classé – 2018 wurde der 400. Geburtstag gebührend gefeiert.

Ebenfalls ein Sauternes­-Schmuckstück ist der Premier Grand Cru Classé Château Guiraud, ein biozertifiziertes Weingut von 100 Hektaren, dessen Anfänge richtig weit zurückreichen, bis ins 15. Jahrhundert – Stephan Graf von Neipperg ist seit 2006 Miteigentümer. Auch in der Appel­lation Castillon Côtes de Bordeaux betreibt Neipperg mit Château d’Aiguilhe (90 ha) Weinbau. Wie Silvio Denz mit Château Cap de Faugères (45 ha).

Die Grafschaft von Neipperg ist im 12. Jahrhundert im nördlichen Württemberg gegründet worden und umfasste rund 30 Ortschaften und Dörfer, darunter die Stadt Schwaigern. Dort befindet sich noch heute der Stammsitz der Neippergs, seit 800 Jahren wird Weinbaubetrieben. Und Fortwirtschaft. Stephan Graf von Neipperg hat sieben Geschwister – er war das fünfte von insgesamt acht Kindern –, und weil die Familien­besitztümer immer an den Ältesten gehen, landete Neipperg in Paris, studierte Betriebswirtschaft und politische Wissenschaften. Bis ihn sein Vater fragte, ob er Interesse an Château Canon la Gaffelière habe. So kam es, dass Stephan Graf von Neipperg, um sich auf sein künftiges Leben vorzubereiten, in Montpellier noch Weinbau und Önologie zu studieren begann. 26­-jährig und perfekt Französisch sprechend zog er 1983 mit seiner Frau Sigweis nach Saint­-Emilion. Machte dort Canon la Gaffelière bewohnbar. Um zu bleiben und auf den Gütern zu arbeiten. Um wieder eine Qualität der Weine wie vor 1964 zu erreichen. Die vier Neipperg­ Kinder dürften die Familientradition auf den verschiedenen Weingütern weiterführen.

Silvio Denz, gebürtiger Basler und in einer vinophilen Familie auf­ gewachsen, ist ebenfalls einer, der gerne anpackt. Viel Arbeit und Geld hat er in seine Träume investiert. Während der Ernte versucht er jeweils auf den Weingütern im Bordelais präsent zu sein. Wenn Entscheidungen gefällt werden, beispielsweise bei der Assemblage.

Ursprünglich in der Parfum­-Branche gross geworden – stieg er 1980 bei der Firma seiner Familie ein, einem kleinen Handelsunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern. Im Jahr 2000 verkaufte er die stark ge­wachsene Firma mit inzwischen 120 Filialen und 800 Beschäftigten an die französische Parfumkette Marionnaud. Damit war der Grundstein zu seinem Reichtum gelegt.

Eine Schwäche für Qualität, für die schönen Dinge des Lebens hatte Silvio Denz schon damals. Bei der Kunst, bei der Architektur, beim Wein. Früh begann er Wein zu sammeln, Bordeaux vor allem, auch Kalifornier. Früh erkannte er, dass man Besuchern auf einem Weingut mehr als ein volles Glas bieten muss. Sondern ein die Sinne anregendes, einmaliges Erlebnis. Feine Hotels, erstklassige Restaurants mit begabten Köchen und gut informierten Sommeliers.

Bei der Arrivage des Bordeaux­-Jahrgangs 2018, nun in Flaschen abgefüllt, zeigten sich die Weine von Silvio Denz und Stephan Graf von Neipperg in allerbester Verfassung. An der Spitze, wie nicht anders zu erwarten: Péby Faugères 2018 und La Mondotte 2018 mit je 19 von 20 Punkten.

WEINE SILVIO DENZ

WEINE STEPHAN GRAF VON NEIPPERG

BORDEAUX-JAHRGANG 2018: HERVORRAGENDE QUALITÄT